UnBooks:Lyrik, Jazz, Prosa

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Lyrik, Jazz, Prosa war eine Schallplattenedition aus Mitte der Sechziger Jahre von der Schallplattenfirma AMIGA. Unsere Familie war glücklicherweise in der Lage, dem sozialistischen Einzelhandel ein derartiges Exemplar abzuringen. Die Schallplatte war so toll, die habe ich so als 11- bis 12-Jähriger mir pausenlos reingeholfen, bis ich alle Texte auswendig konnte und Auszüge daraus bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit darbrachte.

In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung wurde durch anglo-amerikanische Geheimdienste die Gelegenheit genutzt, die aus der ehemaligen Nationalen Volksarmee übernommenen digitalen Funkgeräte russischer Bauart (übrigens eine Technologie, die erst mehr als dreißig Jahre später mehr oder weniger erfolgreich für die Bundeswehr zur Verfügung stehen sollte) zu testen. Diese Tests beinhalteten vorerst nur die Untersuchung der Möglichkeiten, diese Funkverbindungen mit der vorhandenen Technik zu stören. Als Störquelle stand ein Bundeswehrfahrzeug namens „Hummel“ zur Verfügung, deren Besatzung stolz behauptete, dass wenn diese „Hummel“ in einem Maisfeld stünde und mit voller Leistung sendet, dass dann die Maiskolben der Umgebung zu Popcorn würden.

Ich sollte also mit einem derartigen russischen Digitalfunkgerät mich irgendwo auf dem Gredinger Kalvarienberg setzen und in das Funkgerät hineinsprechen. Die „Hummel“ sollte erst mal die Frequenz aufklären und dann stören. Jetzt sprich mal in ein Funkgerät eine halbe Stunde lang irgendwas rein… man glaubt ja gar nicht, wie einfallslos man in einer solchen Situation sein kann. Zum Glück fiel mir dann diese Schallplatte wieder ein, die ich 40 Jahre davor auswendig gelernt habe. Nun gut, den Jazz konnte ich weglassen: so gut wie Manfred Krug konnte ich einfach nicht singen und schon gar nicht ohne Orchesterbegleitung. Aber die Gedichte und die Prosa – die konnte ich gut aufsagen. Ich fing also an mit Jewgeni Jewtuschenko: „Der Hase im Rausch“, kam dann über die „Seeaalsuppe“ und dem „Flaschenzug“ zu der „Kuh in dem Propeller“, erklärte, dass „ich liebe meine Frau, ausschließlich meine, ich betone das! Ich bin ein Engel! (…und dass ich rauch' beweist nichts anderes als: Engel rauchen auch!)“ und landete zum Schluss bei Kurt Tucholskis älterem, aber leicht besoffenen Herrn, aber eben in der Fassung von Eberhard Esche.

Die halbe Stunde war dann sehr schnell rum. Leider konnten keine Ergebnisse über Erfolg oder Nichterfolg bei der Störaktion gemeldet werden, weil alle Teilnehmer des Tests am Lautsprecher hingen, gespannt dem Vortrag folgten und dabei völlig vergaßen, dass sie eigentlich stören sollten.

Am nächsten Tag musste die Maßnahme wiederholt werden. Aber diesmal erhielt ich eine Liste mit Zahlengruppen, die ich vorlesen sollte. Der Test war dann nach wenigen Minuten beendet. Die „Hummel“ störte mit maximaler Leistung und hat damit weder die umstehenden Maiskolben noch das russische Funkgerät beeindruckt.