UnBooks:Wie ich einmal einen Artikel über Windkraftanlagen schreiben wollte

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Dreckiges Ostdeutschland

Da steh ich nun also. Unter einer Windkraftanlage. Und das alles nur, weil ich der Uncyclopedia versprochen habe einen Artikel über Windkraftanlagen zu schreiben. Dabei habe ich doch keine Ahnung von solchem Zeugs. Sollen doch die Aeroingenieure Artikel über Scheiß Windkraftanlagen schreiben. Zu was habe ich mich da bloß breitschlagen lassen? In die Uckermark bin ich gefahren, dorthin wo es eine deutschlandweit einzigartige Ansammlung von diesen neuen Windrädern gibt. Einzigartig abartig. Ostdeutschland fernab aller uncyclopedischen Realität. Erneuerbare Energie, neue Bundesländer. Ein Wunder, dass das vor mir stehende Windrad frei von Hakenkreuzschmierereien ist.

Verbesserungswürdige Artikel hieß es. Da könntest du doch auch was zu beitragen wurde mir gesagt. Das Thema Selbstmordattentäter war leider schon weg. Ja warum nicht Windkraftanlage. Als würde solcher Mist die Uncyclopedialeser irgendwie interessieren. Und dann soll der Artikel auch noch satirisch werden. Das könnt ihr vergessen.

Anfänglich habe ich überlegt, einfach den Wikipediaartikel über Nasenhaarrasiergeräte zu kopieren und im Text überall das Wort Windkraftanlage einzuwechseln. Wäre wahrscheinlich sogar was Lustiges bei rausgekommen. Aber da kennen die Herren Administratoren überhaupt keinen Spaß. Die wollen, dass man sich für einen Artikel abschuftet. Blut und Tränen müssen drinstecken, wegen der Authentizität oder so. Nun, ich habe mich dann entschieden erst mal Material zu sammeln und mich hier mit einem Windkraftanlagenwart verabredet, der jetzt schon anderthalb Minuten Verspätung hat. Langsam ist meine Geduld mit diesem ganzen Windkraftanlagenschwachsinn endgültig am Ende.

(Autor flucht und trampelt ein paar Nacktschnecken, die in diesem Augenblick zufälligerweise vorbeikommen, tot. Im Hintergrund der Szene taucht ein Mann auf, der sich zügig der Windkraftanlage nähert. Applaus vom Publikum.)

„Von uns kein Kommentar.“
WINDKRAFTANLAGENWART: Guten Tag. Sie sind dieser Journalist, nicht? Wenn Sie sich noch einen Moment gedulden könnten. Ich bin gleich so weit. Sie können ja schon mal die Kühe interviewen.

Nun wurde auch ich der zwei Rindviecher gewahr, die vom anliegenden Feld interessiert herüberschauten. Ich zog eine Grimasse und röhrte ein Muh hinüber.

ERSTE KUH: Was für ein Idiot.
ZWEITE KUH: Komm, lass uns gehen.

Der Windkraftanlagenwart streifte inzwischen um die Windkraftanlage herum und suchte mit den Augen den Boden ab. Ich sah wie er von Zeit zu Zeit tote Vögel aus dem Gras griff und sie in eine Plastetüte steckte. Schließlich beendete er seine Suche und deutete mit einem „So dann wollen wir mal.“ zum Sockel der Windkraftanlage. Mit Blick auf seine gut gefüllte Tüte begann ich eine erste Frage zu stellen: „Diese Vögel, die sind wohl alle in das Windrad geraten, oder? Kommen da viele zusammen, so im Monat?“ Während er den Eingang vom Turm der Windkraftanlage aufschloss, antwortete er: „Na ja, man kann nicht klagen. Heute haben wir richtig Glück, es sind ein paar ganz frische dabei.“

Voll den Tunnelblick

Im Inneren des Turmes führte eine Leiter steil nach oben. Geübt erklomm der Windkraftanlagenwart die ersten Sprossen. Ich folgte ihm mit Abstand, um nicht den Dreck unter seinen Schuhen vor Augen zu haben. Er fing an munter zu plaudern und erzählte mir einige wissenswerte Fakten über Windkraftanlagen. Die Türme von Windkraftanlagen beispielsweise sind deshalb so hoch, damit die Rotorblätter nicht am Boden schrammen oder die Kühe durcheinander wirbeln. Cleverer Weise ist der Rotor für gewöhnlich am obersten Ende des Turmes angebracht. In allen anderen Fällen ist bei der Montage etwas schief gegangen.

Ganz oben, wo wir mittlerweile angekommen waren, befindet sich in einer Windkraftanlage außerdem der Generator. „Wer mir dumm kommt und nicht glauben will, dass hier Strom erzeugt wird, den lasse ich dort mal anfassen“, scherzte der Windkraftanlagenwart und deutete auf zwei nicht isolierte Kabelenden. Von solchen Späßen nicht im Mindesten abgeschreckt, erinnerte ich mich meiner journalistischen Verantwortung, zu der auch gehört, unangenehme Fragen zu stellen: „Der Wind, der hier zur Stromerzeugung verbraucht wird, der fehlt doch der Umwelt dann irgendwo, nicht? Zum Beispiel den Kindern zum Drachensteigen.“ „Pah!“ antwortete der Windkraftanlagenwart, „da hat sich zur Zeit der Windmühlen auch keiner drum gekümmert. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“

Schlechte Fotomontage

Durch eine Luke stiegen wir auf der Oberseite der Windkraftanlage ins Freie. Jetzt lüftete sich das Rätsel um die eingesammelten Vögel. Sie wurden gerupft und zum Grillen auf die Rotorspitze gesteckt. Als der Windkraftanlagenwart mir eine Taube anbieten wollte, lehnte ich jedoch ab und wurde kurzzeitig zum Vegetarier.

Ich stellte lieber weitere Fragen. Beispielsweise wollte ich wissen, wie denn der Windkraftanlagenwart zur häufig geäußerten Beschwerde, die Windräder würden die Landschaft verschandeln, steht. Etwas halbherzig entgegnete er mir mit dem Vorschlag, bei den heutigen Möglichkeiten der digitalen Fotobearbeitung wäre es ein Klacks, die Windräder von Postkartenmotiven zu entfernen. „Und was halten Sie“, fragte ich weiter, „von den Versuchen, Windkraftanlagen auf Walen zu befestigen?“ Nun legte sich seine Stirn in Falten. Von diesen „Offshore“-Windparks hatte er schon gehört, er war aber noch skeptisch.

Herrlich, diese Stille!

Mittlerweile war es Abend geworden. Während die Sonne am Untergehen war und mit ihr die Solaranlagen schlafen gingen, drehte die Windkraftanlage sich weiter mit sonorem Rattern durch die Nacht, nur unterbrochen vom Schrei eines Kranichs, der zwischen die Rotorblätter geraten war.

Ende gut, alles gut? Ich hatte mein Bestes gegeben und keinen Aufwand gescheut, aber für den Uncyclopediaartikel über Windkraftanlagen fehlte mir weiterhin eine Idee. Stattdessen habe ich dieses Buch geschrieben, eine Millionenauflage davon verkauft, und lebe seither von den Tantiemen in Florida.