UnNews:Interview mit dem Grundgesetz

Aus Uncyclopedia
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Berlin (Deutschland), 22.05.2009: Morgen steht ein wichtiger Geburtstag an: Unser Grundgesetz wird 60! Berlin macht sich fein, damit dieses runde Jubiläum zünftig gefeiert werden kann, und der Bundespräsident, der irdische Stellvertreter des Grundgesetzes, wird morgen auch neu gewählt. Tagesthemen und Bild-Zeitung machen in schwarz-rot-gold auf.

Audio-input-microphone.svg Unterview 
exklusiv und ungekürzt!
Weitere Unterviews

Nur das Geburtstagskind selber, das Grundgesetz, ist an den Vorbereitungen für die Feierlichkeiten gar nicht beteiligt. UnNews nahm sich immerhin die Zeit, unsere in die besten Jahre gekommene Grundordnung einmal für ein Interview zu besuchen.

UnNews: „Verehrtes Grundgesetz, im Gegensatz zu den Verfassungen anderer als demokratisch betrachteter Länder dürfen Sie sich nicht Verfassung nennen. Haben Sie in jungen Jahren darunter gelitten?“

Grundgesetz: „Schon. Man hat mir immer erzählt, ich sei nur ein Provisorium, das nur so lange gilt, bis das deutsche Volk sich eine richtige Verfassung gibt. Aber das deutsche Volk scheint zeitlich noch nicht dazu gekommen zu sein. Ich wäre ja auch bereit gewesen, als Verfassung weiterzumachen, aber wenn man erstmal den Titel Grundgesetz weg hat, dann wird man das nicht mehr los.“

UnNews: „Wie kam es denn überhaupt dazu, dass Sie nicht gleich als - entschuldigen Sie - vollwertige Verfassung in Kraft getreten sind?“

Grundgesetz: „Das hat natürlich mit den unruhigen Zeiten zu tun. 1949, als es mit mir losging, waren die Deutschen ziemlich mit den Nerven runter. Sie hatten ein Kaiserreich, eine Republik und ein Tausendjähriges Reich kurz nacheinander in den Sand gesetzt und wollten im Grunde nicht mehr. Wenn man ihnen damals ein paar Stammeshäuptlinge gegeben hätte, wären sie auch damit zufrieden gewesen. Stattdessen bekamen sie mich.“

UnNews: „Das klingt so, als hätten die Deutschen sich nicht ganz freiwillig auf Sie eingelassen.“

Grundgesetz: „Stimmt schon. Das war aber nichts Ungewöhnliches. Während andere Völker sogar Revolutionen anzettelten, nur um eine Verfassung zu bekommen, legten die Deutschen keinen besonderen Wert darauf. Revolutionen mochten sie noch nie. Eigentlich merkwürdig, in den Krieg sind sie immer gern gezogen, aber mal zu Hause auf die Kacke hauen, da ging ihnen dann plötzlich die Muffe. Und so kommt es, dass ich nicht wie jede anständige Verfassung in einer Revolution auf die Welt kam, sondern nur von einer Gruppe alter Säcke in ein paar Debattierstunden zusammengeschustert wurde. Das war der Parlamentarische Rat. Noch nicht mal ein richtiges Parlament. Ja, und deshalb bin ich eben auch keine richtige Verfassung.“

UnNews: „Immerhin haben Sie in dieser Form jetzt 60 Jahre durchgehalten, und damit wieder einmal bewiesen, dass Provisorien immer am längsten halten.“

Grundgesetz: „Ehrlich, das hätte ich nie für möglich gehalten. Wissen Sie, schon als ich 40 war, 1989, da war ich mir ganz sicher, dass ich bald nicht mehr gebraucht werde. Das hatte man mir gleich von Anfang an gesagt, dass ich nur so lange gefragt bin, bis das deutsche Volk wiedervereinigt ist. Spätestens dann würde man sich ganz bestimmt eine richtige Verfassung anschaffen. Und zu der Zeit war ja sogar fast so etwas wie eine Revolution in Gange! Ich war richtig happy und dachte, nun kann ich bald abtreten. Aber dann fuhren nur ein paar LKWs mit D-Mark in den Osten und die Leute ließen sich die Revolution abkaufen. Schäbig fand ich das, wirklich schäbig. Und plötzlich wurde ich nicht in den Ruhestand geschickt, sondern sollte gleich für ganz Gesamtdeutschland gelten.“

UnNews: „Trotzdem sind Sie heute allgemein anerkannt und niemand denkt mehr daran, Sie durch eine andere Verfassung abzulösen.“

Grundgesetz: „Richtig. Damit habe ich mich jetzt auch abgefunden. Ich werde in Würde altern, verknöchern und vergreisen, genau wie das Volk, für das ich stehe. Jeder bekommt eben die Verfassung, die er verdient.“

UnNews: „Zum Schluss noch eine persönliche Frage. Sie stehen ja für Grundrechte, für Freiheit, Gleichheit, Pluralismus und Toleranz. Sind Sie eigentlich auch im Privatleben immer so hundertprozentig politisch korrekt oder greifen Sie schon mal daneben?“

Grundgesetz: „Nun, ganz unter uns, ich weiß auch nicht, wie es kommt, aber seit einigen Jahren entwickele ich eine leichte Abneigung gegen Behinderte. Eigentlich nur gegen Rollstuhlfahrer. Fragen Sie mich nicht wieso, aber ich habe immer das Gefühl, die hätten etwas gegen mich.“

UnNews: „Liebes Grundgesetz, wir danken Ihnen für dieses offene Gespräch.“