Wormser Prozesse
Die Wormser Prozesse fanden von 1693 bis 1697 statt. Angeklagt waren 25 Personen im Alter von 25 bis 70 Jahren der massenhaften Anwendung von Schadenszaubern und versuchten Kindstötungen, vermutlich zur Herstellung von Hexensalbe. Aus diesem Grunde werden die juristischen Auseinandersetzungen auch als Wormser Hexenprozesse bezeichnet. Der Fall ist insofern einzigartig, als hier zum ersten Mal seit 1637 wieder eine größere Gruppe von Personen vor einem deutschen Gericht der Hexerei beschuldigt wurde.
Die Verteidigung meint also: Blindwütige Therapeuten wirken auf ahnungslose Kinder ein, bis die von Sabbatfeiern auf dem Blocksberg und Satansbeschwörungen berichten, und skrupellose Staatsanwälte übernehmen das in die Anklageprotokolle? - der leitende Staatsanwalt während der Wormser Hexenprozesse
Quellenlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Hexenprozesse von Worms sind im Gegensatz zu anderen juristischen Auseinandersetzungen aus dem betreffenden Zeitraum gut belegt. Als Quellen dienen vor allem die Verhörprotokolle des Bischöflichen Ermittlungsbehörde Worms, sowie die Aufzeichnungen der Gerichtssitzungen vor dem Landgericht Mainz. Aufgrund der großen zeitlichen Distanz zum Geschehen sind viele Tatsachen nur lückenhaft belegt und manche Handlungen aus heutiger Sicht nur mehr schwer nachvollziehbar. Hieraus darf aber nicht geschlossen werden, dass bestimmte Sachverhalte unbekannt seien - lediglich die Historizität kleinerer Äußerungen muss offenbleiben.
Nachfolgend werden die Prozesse von ihren Ursprüngen her beschrieben, so wie sie die heutige Wissenschaft rekonstruiert hat. Kleinere Unstimmigkeiten sind hierbei nicht zu vermeiden.
Ursprung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ihren Ursprung hatten die Wormser Prozesse in der Scheidungsaffäre zwischen Philipp Kuhnemann und Katharina von Schlettstein. Letztere entstammte einem niederadligen Geschlecht, hatte aber, ungeachtet aller Standesunterschiede, 1686 den Bürgerlichen Kuhnemann geheiratet. Sie brachte eine ansehnliche Mitgift in die Ehe. Im Jahre 1692 reichte Katharina von Schlettstadt beim Bischöflichen Gericht Worms einen Antrag auf Scheidung ein. Es begann ein Prozess um die Aufteilung des ehelichen Vermögens. In eine Notlage gebracht, da ja im Ehevertrag eindeutig von der Mitgift die Rede gewesen war, beschuldigte sie ihren Exehemann der Hexerei, im Speziellen der Anwendung von Schadenszaubern und der versuchten Kindstötung zur Herstellung von Hexensalbe.
Die Bischöfliche Ermittlungsbehoerde fuer Keetcerei, Zauberey und anderwärtig Hexenwesen beauftragte einen Dominikanermönch mit der Befragung der Kinder der Angeklagten. Dabei stellte sich heraus, dass beide Kinder die Vermutungen der Bischöflichen Ermittlungsbehörde bestätigten. Sie gaben an, zu Schadenszaubern beigewohnt zu haben. Möglicherweise seien auch einige Geschwisterkinder bereits zu Hexensalbe verarbeitet worden, doch lägen deren Tode schon einige Jahre zurück. Daraufhin wurden die Ermittlungen sofort auf den Verwandtenkreis der Beschuldigten ausgedehnt. Überall wurden nun Teufelsunwesen in großer Masse entdeckt. Namhafte Wissenschaftler bestätigten die Feststellungen der Bischöflichen Ermittlungsbehörde.
Die Prozesse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahre 1693 begannen die Prozesse vor dem Landgericht Mainz. Dem Gericht saß der spätere Erzbischof von Mainz, Jens Beutel, vor. Die insgesamt 25 Angeklagten aller Alterstufen (ein typisches Merkmal von Hexenprozessen) wurden allesamt schuldig gesprochen und zum Tode durch öffentliche Hinrichtung verurteilt. Die Medien nahmen regen Anteil am Prozess. So berichtete der Reichsspiegel: „Anbetrachtet der gelungenen Beweisführung der Anklage scheint ein Schuldigspruch nur mehr eine Zeitfrage.“ Eine Eingabe eines Angeklagten an das Reichskammergericht wurde nach einem kurzen Prozess im Jahre 1709 dahingehend beantwortet, dass das Reichskammergericht für „Hexerei und dergleichen“ nicht zuständig sei.
Das Urteil wurde bereits während des Prozesses vollzogen.
Aufklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Zuge der beginnenden Aufklärung wurden die Prozesse immer mehr in Frage gestellt. Der Doktor der Rechte, Max Steller, kam zu dem Ergebnis, dass die Befragungspraxis des Gerichts nicht mehr zeitgemäß sei. Überrascht von diesem eindeutigen Votum erkannte die Öffentlichkeit plötzlich ihren Irrtum und sprach die Angeklagten posthum frei. Leitende Mitarbeiter der Bischöflichen Ermittlungsbehörde wurden nun ihrerseits der Hexerei angeklagt.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bischöfliche Ermittlungsbehörde: Derer Pro-cessen wider die teuflischen Zauberern und Hexenweiber zu Wormatia a.d. MDCXCIII - MDCXCVII. Landesarchiv Rheinland-Pfalz, Mainz, ISBN 8-1903-9870-2
Jens Beutel, OP: Wie ich denen Zauberern und Hexenweipern zu Worms derer siebene Höllen heiß gemachet habe. Diabolus-Verlag Essen, ISBN 7-3568-4742-3