UnBooks:Sommerloch
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Geschwächt von brütender Hitze, übermäßigem Bierkonsum und brennend-suchtartigem Bedürfnis, die Welt mit niederschwelligen Kalauern zu versorgen, mache ich mich an die undankbare Arbeit, ein recht vielschichtiges und gleichzeitig irgendwie schnarchlangweiliges "Problem" aufzugreifen, an dem sich gerade alle - vor allem die schreibende Zunft - abarbeiten. Das Sommerloch. Passiert denn im Sommer weniger? Wohl kaum! Ist die gesamte Intelligenzija, die in der Lage ist, Zeitung zu lesen, auf Urlaub? Selbst die (nach meiner Einschätzung) krisenresistente Uncyclopedia verzeichnet so etwas wie eine jahreszeitlich bedingte Döspause. Urlauben alle rum und sind eingeschränkt satirefähig? Ist den Lesern der Uncyclopedia zur Zeit das dreckige Grinsen zu anstrengend?
Flapsige Antworten
Momentan ist wohl eher gerade Hauptsaison für Existenzialisten. Mal eben aus einer Laune heraus relaxed einen Araber erschießen, am Abend in der Strandbar gemütlich 20 Piranhas, Verzeihung: Moskitos trinken, solche Dinge. Wer mag jetzt FAZ lesen und sich mit deutschen Befindlichkeiten in Zeiten der Krise beschäftigen? Alle Lehrer und Oberstudienräte sind in der Toskana! Wer mag zur Zeit schon Apothekenzeitungen lesen! Die Granufink-Junkies dösen apathisch in Biergärten vor sich hin und mögen sich mit der Frage "Wechselwirkungen von Medikamenten und was man dagegen ohnehin nicht tun kann" nicht auseinandersetzen. Passieren tut viel. Es wird weltweit gestorben und verelendet, dass es eine Art hat, gerade im Sommer. Wie im Winter. Weil das ja immer so undurchschaubar differiert. Man weiß nie, wo gerade Sommer und wo Winter ist. Und wo Kapital den Bach runtergeht und ein paar Hundertausend mitreißt..
Der Nachrichtendurchsatz bei den Presseagenturen ist ungebrochen hoch. Doch schenkt man gewissen Informationsmedien Glauben, so werden im Sommer einfach keine relevanten Entscheidungen getroffen, weil "Politiker und Lobbyisten auf Urlaub sind". So ungefähr soll man sich das vorstellen. Die meisten Topentscheider pennen, die Urlaubsvertretungen treffen vorbereitete Routineentscheidungen, die eine Würdigung durch die anspruchsvolle Tagespresse nicht verdienen, erst wenn die ganzen Originalfiguren mit ihrem Führungscharisma wieder da sind, dann gibt es für seriöse Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau oder die Süddeutsche Zeitung wieder richtig was abzuhandeln. Sieht man etwas genauer hin, kann man als Journalist der seriösen Tagespresse schon ein wenig die Krise kriegen. Uncyclopedia-Einschleichspezialisten haben sich bei Reuters und anderen Agenturen umgesehen und festgestellt, daß genügend für den Boulevard Brauchbares da ist und sogar teilweise im Shredder landet:
- Frau beinahe von Papierflieger getötet
- Mozart von Killerbakterien hinweggerafft (Halsentzündung)
- Kosmetik: Die Glanzspülung wird 50!
- Reiche immer reicher, Arme immer ärmer!
- 10 Tipps gegen Mückenstiche
Eine drückende, unwirkliche Hitze liegt über dem Land. Während Merkel, Steinmeier und Westerwelle mit steinernem Grinsen von Wahlplakaten starren, zieht ein freundlicher alter Herr eine Pistole und erschießt drei Rechtsanwälte. Ein unbescholtener Klempner sprengt beiläufig einige Wohnhäuser, und aus dem Gesicht einer schwarzen Frau blicken im Zwielicht die Augen eines Mannes. Die Luft ist schwer und giftig wie Blei.
Sommerloch 2009
Das Sommerloch 2009 hat einige besondere Untiefen (Höhen?) aufzuweisen. Nehmen wir die Leichtathletik-WM: Die smarte Neo-Leverkusenerin Steffi Nerius gewinnt Gold im Speerwurf: von wegen Sommerloch also! Andere Sensationserkenntnis aus der WM: Kiffen scheint doch das effizienteste Doping zu sein. Die Nasalweltmeisterin Ulla Schmidt gibt auf Anfrage der streitlustigen Opposition zu Protokoll, sie habe auch in früheren Jahren ihren Chauffeur nach Spanien kommen lassen, um sich ihre Büroausstattung und einige ihrer grausamen, armfreien Umhänge bringen zu lassen, ist das ein Skandal? Nein, aber im Sommerloch schon, da baut sich dieser ganz und gar gängige Amtsmissbrauch zu einer nationalen Katastrophe auf, dass man meint, der Hindukusch wäre schon verloren. Apropos Hindukusch, dort wird auch im Sommerloch fleißig weiter gestorben, kurz vor der dortigen Unwahl geben die irrläufigen Turbanmuftis nochmal richtig Gas, um ihrem eigenen Volk das Fürchten zu lernen und es von den spärlich aufgestellten Wahlurnen fernzuhalten, doch wen interessiert das schon...
Schauplatz München: Die Geburt einer Sensationsmeldung
In einem schattigen Biergarten im Herzen Münchens sitzt ein müde wirkender Mann, die Windows-Starthymne ertönt und ein Notebook fährt widerwillig hoch.. Der Mann vor dem Computer sinniert vor sich hin..
- Dieser Sommer hat es wirklich in sich. 15 Maß im Schatten und das am frühen Vormittag! In unseren Redaktionsstuben ist es einfach zu heiß, ich hab denen gesagt leckts mich am Arsch hab ich denen gesagt, ich mach heute Telearbeit, zu was hat man denn ein Notebook! Die Weiber sträuben sich gegen die Klimaanlagen wegen die Allergien und die Legionellen. Wer soll denn das aushalten! Dann streitens rum wegen a jeden noch so blöden Nachricht! Ich geh selber zur DPA oder zu Reuters und frag, ob die was haben, die müssen doch irgendwas haben, es kann doch nicht sein, dass an Ferragosto nichts passiert auf dieser Welt! Die vom Sport haben leicht lachen, die haben einen Usain Bolt und eine Steffi Nerius und was weiss ich, wie die alle heißen! Was hab ich? 10 Tipps gegen Mückenstiche! Reiche immer reicher, Arme immer Ärmer! Des darf doch net wahr sein!
- Noch eine Maß, bitte!
- Bittschön, Herr..
- Wendlinger, Dominik Wendlinger, Süddeutsche Zeitung..
- Aah, sie san des! Jo mei, se tuan oiwai so schee predigen, i moa schreim in dera Süddeitschen! Des is jo fei a guadi Zeidung, de Süddeitschi! Unser Süddeitschi!
- Ja, das freut mich, Fräulein, dass sie die Süddeutsche Zeitung gern lesen, das baut auf in diesen Hundstagen. Ich sag’s ihnen, Fräulein, man kommt zur Zeit nicht heran an gute Nachrichten, es ist zum Verzweifeln, eine Maß bittschön!
- Ah ja freili, glei, Herr Wendlinger!
Verdrossen starrt der Mann vom Lokal-Ressort der Süddeutschen Zeitung auf das trübe Display seines Notebooks, dem schön langsam die Batterie ausgeht.
- Brauchast a a Maß, gell!
lacht Wendlinger verzweifelt und surft planlos herum.
- Des mit dene scheiss RSS-feeds, des hob i a oiwei no ned vastaunden..
- Eine Maß! Bittschön der Herr!
- Vielen Dank, liebe Frau, sie retten mir wahrscheinlich gerade das Leben!
Kellnerin lacht..
- Herr Wendlinger, flüstert die Kellnerin, Herr Wendlinger, i moa, i hob wos fia sie, wei se gsagt ham wenga de Nachrichten, de was so schwea zum kriagn san..
- Ja, was denn, Fräulein? Wissens, des müsst schon was Passendes sein, ich arbeit nämlich gerade vertretungsweise für münchen extra, ein online-Segment, Lokal-Ressort, wissen sie, des müssert schon was Passendes sein..
- Ja, freili, genau, online, eini hoda gmocht!
- Wie bitte?
- Se wern des ned glaum, Herr Wendlinger, des is genau des Richtige fia eana Zeidung! Stöllns eana voa, do drausst am Petersplatz, do hod oana, i hob des seiba gseign, do hod oana in sein Huat einigsoacht!
- Nicht zu fassen! Fräulein, ich danke ihnen, das ist wirklich eine Sensation, ich danke ihnen vielmals, ich werde das sofort online stellen!
- Na ned online, ned dass ma a in eanan Huat einisoachn!
Großes Gelächter..
Mann uriniert mitten in München in seinen Hut
Sommerloch 2010
Noch kann niemand von uns abschätzen, welche Sensationen und Ereignisse uns der Sommer 2010 vorenthalten wird. Man muss an dieser Stelle auch mal sagen, dass es dem Sommer, und nicht nur ihm, sondern auch seinen Kollegen, den restlichen 3 Jahreszeiten, nicht leicht gemacht wird beim Abwickeln einer ihm (ihnen) von der Wissenschaft zugeschriebenen Verlaufsnormalität.
Vorschläge für Sommer 2010
Im heißesten Sommerloch seit der Einführung der metereologischen Aufzeichnungen outet sich Guido Westerwelle nach seiner Ernennung zum Außenmminister auf Lebenszeit als waschechte Hete und kündigt seine Vermählung mit der ehemaligen Bundesjustizministerin Zypries an. Ein Aufschrei geht durch die deutsche Schwulengemeinde, die in Westerwelle einen Verräter und Scharlatan erkennt. Prompt sackt die FDP in den Umfragewerten auf den niedrigsten Wert seit der Einführung der Forsa-Umfragen und übernimmt die rote Laterne von der in die Bedeutungslosigkeit abgestürzten SPD.
Was soll passieren?
Was soll unterbleiben?