Vorurteil
Das Vorurteil ist eine zeitsparende und praktische Variante der Urteilsfindung, die, ursprünglich aus der Rechtssprechung stammend, ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft gefunden hat.
Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Vorurteil kommt immer dann zur Anwendung, wenn die Zeit für eine fundierte Meinungsbildung nicht gegeben ist, d.h. der Zeitdruck nicht zulässt, jeden Aspekt und jedes Detail zur Urteilsbildung heranzuziehen. Ursprünglich wurde das Vorurteil für die Rechtssprechung in prekären Situationen geschaffen. Es wurde so angelegt, dass auch juristisch nicht vorgebildete Personen Recht sprechen konnten ohne langwierige Berufungsverfahren fürchten zu müssen. Diese Form der Rechtsprechung erhielt die Bezeichnung Standrecht, da die Verurteilungen mal eben so im Stehenbleiben geschehen konnten.
Rationale und überdies billige [2] und Verfahrensweisen finden gemeinhin schnell das Interesse der freien Wirtschaft. Im Falle des Vorurteils wurde sie als erstes von den Medien adaptiert.
Das Vorurteil in den Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Vorurteil in den Medien wurde eingeführt, um langweilige und zeitraubende Recherchen einzusparen. Während erstere zwar auf unbezahlte Volontäre abgeschoben werden kann, so ist dem Hauptkriterium eines jeden Mediums, seine Nachricht möglichst als Erster unter das Volk bringen zu wollen, die sorgfältige Recherche der Hintergründe einer Nachricht sehr im Wege. Daher begannen die meisten namhaften Zeitungen, später auch der Rundfunk Recherche durch Meinungen zu ersetzen, die sich der verantwortliche Journalist basierend auf seinem ersten Eindruck vor Ort bilden konnte. Durch die Archivierung dieser Eindrücke konnte das Journalismuswesen soweit rationalisiert werden, dass inzwischen nur noch ein zufällig geschossenes Foto und eines des Lesens kundigen Volontärs, der in der Lage ist, eine Accessdatenbank aufzurufen. So dauert die Recherche einer Nachricht nur noch maximal so lange, wie es dauert einen Macintoshrechner hochzufahren und die notwendige Meinung aufzurufen.
Der Niedergang des Vorurteils in der öffentlichen Meinung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Niedergang des Ansehens des Vorurteils ist größtenteils mit dessen allzu sorglosem Umgang in den Medien geschuldet. An sich kam das Vorurteil zunächst bei breiten Schichten der Bevölkerung sehr gut an. Mit dem Vorurteil (im Pressejargon vorzugsweise als „Vorgefertige Ansicht“ oder Neudeutsch „IPOV - Instant Point Of View“ - bezeichnet) gab es für den kleinen Mann ebenso wie für den Großkopferten keinen Anlass mehr, die Berichterstattung kritisch zu hinterfragen. Und in den Salons, den Mensen und an den Stammtischen herschte, je nach konsumiertem Medium, eine angenehm homogene Meinung. Dieser Zustand elysischer Glückseligkeit wurde erst mit dem Web 2.0 in den Tartaros des Misstrauens gestoßen. Dadurch, dass nun jeder Querolant seine unqualifizierte Meinung in Internetforen verbreiten konnte, brachte die Vorstellung der Kompetenz der Medien (die so genannte Medienkompetenz) derart ins Wanken, dass fortan Alles hinterfragt werden musste. Selbst das bewährte juristische Vorurteil konnte nicht mehr angewandt werden, ohne dass sofort ein Aufschrei gutbürgerlicher Entrüstung durch das Land hallte. Zur Zeit ist die Durchführung des Standrechts zu Gunsten teurer und durch „Beweisführung“ in die Länge gezogene Prozesse ganz ausgesetzt, da die Vorurteilsvollstreckung offiziell sogar vom Staatsfernsehen verurteilt wird. Nicht nur, dass der Staatsanwalt und der Richter nicht mehr in Personalunion agieren dürfen, nein, dem Delinquenten wird auch noch ein „Rechtsanwalt“ zur Seite gestellt, der die Arbeit des Staatsanwaltes und des Richters noch zu behindern sucht. Die Schuld muss zweifelsfrei bewiesen sein, bevor der gemeingefährliche Angeklagte endlich seiner gerechten Strafe zugeführt werden darf.
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Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ mit freundlicher Genehmigung des Zentralarchivs Fuchskaute
- ↑ der Volksrechnungshof veranschlagte in seinem Report von 1940 die Kosten für eine einstündige Verhandlung vor dem Volksgerichtshof mit etwa 1.500 Reichsmark; die Verurteilung durch ein Standgericht mittels Vorurteil kam dagegen etwa 0,70 Reichsmark, davon 0,50 RM für die Kugel.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Störtebecker, K.: Räuber, Mörder, Lumpenpack - Einführung in das Standrecht. Schlagetot-Verlag, ISBN 9-4038-1394-7
Michel, G.: Den Strick ums Genick; aber dalli! Praktische Tipps fürs das Vorurteil. Schinderhannes, ISBN 3-5165-8792-1
Kolumna, K.: Meinung machen und Schnellrecherche - Ein Plädoyer für die Medienkompetenz. GelbePresse, ISBN 8-2992-3440-8