UnNews:Der Günter, der kein Sommer war
Lübeck (Schleswig-Holstein), 13.4.2015:
Wozu einen Nachruf für den, der seinen Ruf selber zum rechten Zeitpunkt ruinierte: Günter Grass gab heute den Löffel ab. Wenigstens Tränen ohne Betroffenheit können vergossen werden, so wie beim Zwiebelschälen, denn solche Tränen lügen gewiss nicht. Spielt doch mit dem Schmuddelkinde - klammheimlich freute er sich 60 Jahre lang über dieses sein heimliches und ebenso heimlich umgesetztes Lebensmotto, mit dem er die Mitte der Literatur-Szene des Wirtschaftswunder-Westdeutschlands eroberte. Dass in der DDR der Sommer Günter hieß, wurmte ihn so sehr, dass er den schließlich für sich vereinnahmte. Als das Reich annähernd wiederhergestellt war, gestand er ein, einst ein SS (=Sandkasten-Schmuddelkind) gewesen zu sein. Doch damals er war ja noch Kind. Und nach dem Einstecken des Nobelpreises durfte das gesagt werden - die Kür vor der Pflicht, welche aus dem bestand, was noch gesagt werden musste. Oder vielmehr geschrieben. Unverstellt. Krass, der Schriftsteller, der sich selbst entstellte.