Berliner Luft
Mit dem eigenen Furz ist es meist so: nur der eigene riecht gut. Doch die Berliner Luft ist anders. Sie ist weltbekannt, schließlich ist sie besser als anderswo. Das sagen nicht nur die Berliner, auch Touristen aus aller Welt finden, daß der markante Geruch, das Flair, die Ausstrahlung, die Erhabenheit und die Geräuschkulisse, die die Stadt ausstrahlt, und insbesondere das gesellschaftliche Klima Berlins einfach richtig "dufte" ist.
Die Berliner Luft hat eine besondere Zusammensetzung. Je nachdem wo man sich gerade aufhält, erhält man unterschiedliche Messwerte. In der Innenstadt, beispielsweise an und um die Friedrichstraße und den Potsdamer Platz, riecht es nach Parfum, schönen Frauen, Geld, Geschäftsessen, Erfolg, Galeries Lafayette, Macht, schwulem Hofstaat schwuler Bürgermeister mit schwulem Gefolge und anderen prestigeträchtigen Sachen. Hier fühlen sich Touristen aus Ostblockländern, die durch Korruption, Betrug oder organisierte Kriminalität zu scheiße viel Geld gekommen sind und mal woanders als in Москва saufen wollen, am wohlsten.
Um die westliche Innenstadt herum, wo das Prestige ein bisschen fehlt, in etwa am Zoologischen Garten, trägt die Luft eine leichte Abgasnote von alten Gaslaternen, Pferdedung, Elefantenpisse, Gammelfleisch aus den Schnellrestaurants, Billigparfum, gescheiterten Existenzen, Bettlern, Verkehr, alternativem Tabak vom Händler des Vertrauens, Gammelfleisch der Grillwalker, billigem Sex mit Ausländerinnen aus Ostblockländern und Verwesungsgeruch der drogentoten Kinder vom Bahnhof Zoo. Touristen aus Rumänien, Bulgarien und dem Balkan, die sich ihre Reisekasse mit ein paar glitzernden Gegenständen der Einheimischen aufbessern wollen, fühlen sich hier am wohlsten.
In poshen Gegendenden wie Wannsee und Grunewald riecht es nach Schickimicki, arabischen Botschaften, scheiße viel Geld, noch mehr scheiße viel Geld, Wald, ein paar gammeligen Seen mit vielen Stechmücken und nochmals Wald. An Regentagen mit leicht morsch-modriger Note, da der Stadt im Moment ein bisschen das Geld fehlt kranke und infektiöse Bäume zu entfernen. In diesen Scheiße-viel-Geld-Geruch mischt sich gelegentlich eine zarte Duftnote von frisch aufgespannten Violinsaiten, denn fast alle Kinder dieses Bezirkes werden von ihren Eltern dazu angehalten, Violine, Bratsche oder Cello zu kratzen, um ihren privilegierten sozialen Status auch nach außen hin zu demonstrieren. Diese Bezirke sind besonders flauschig für Touristen mit länger geplantem Aufenthalt und scheiße viel Geld. Da sie weitgehend vom Pöbel der Stadt abgeschirmt sind, fühlen sie sich hier am wohlsten.
In Kreuzberg, Schöneberg und Neukölln trägt die Luft eine leicht metallische Note. Das liegt am stets frisch vergoßenen Blut, welches Eisen als Nährstoff enthält. Aber auch die vielfach vorhandenen und gepflegten Messerklingen und Schußwaffen sind der Spezifizität nicht abträglich. Auch riecht es hier oft leicht salzig, da die Kinder, denen das Handy abgezogen wurde, weinen. Nicht zu vergessen der geliebte Gammelfleischgeruch aus den Schnellimbissen. Und den Geruch billiger Imitate teurer Parfums der Kinder, die anderen das Handy abziehen. Schulen, auf die Bürgermeister Klaus Wowereit seine Kinder nicht schicken würde, wie etwa die Rütli-Schule haben eine ganz spezifische Geräuschkulisse. Kriegsveteranen aus dem Zweiten Weltkrieg meiden diese Gegenden, da sie sie zu sehr an die Kesselschlachten in Stalingrad erinnern. Durch die hohe Bordelldichte in den Bezirken, speziell ums Gleisdreieck, werden Gerüche aus aller Herren Länder nach Berlin gebracht. Und zu guter letzt riecht es nach dem Leder der in der Gegend hochgeschätzten BMW 3er, welche zweifelsohne attraktiver duften als alle anderen Autos. Hier fühlen sich alle Mittelschichtler, sowie Alternative, die am ersten Mai gegen die Jungs in grün Steine werfen, bzw. zivilen Ungehorsam beim Verhaften von unschuldigen Zwölfjährigen zeigen, am wohlsten.
In Ostberlin riecht es hauptsächlich muffig, nach AA und Bier, Schweiß, Gefrierbrand der Babys in den Tiefkühltruhen, kaltem Zigarettenrauch, gescheiterten Existenzen und Gedränge beim Arbeitsamt. Hier fühlt sich niemand wohl. Ist einfach eine scheiß Gegend. Speziell in Hohenschönhausen hängt noch der buttersäurige Angstschweiß der Stasi-Zeit in der Luft und ist einfach nicht aus den Poren der Plattenbauten herauszukriegen.
Wie man sieht, ist für jeden was dabei. "Schnieke", wie der Berliner sagt.
Berliner Luft als Exportartikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um die stagnierende Wirtschaft in Berlin anzukurbeln ist der Senat dazu übergegangen, Berliner Luft in hermethisch verschließbaren Plastiktüten in die ostdeutschen Provinzen zu exportieren, damit die Braunen Löcher auch etwas von dem mondänen Duft der Hauptstadt abbekommen. Ein Kubikmeter Berliner Luft kostet zur Zeit etwa 12 Euro - Tendenz steigend.