Hugh-Grant-Liebeskomödie
Die Hugh-Grant-Liebeskomödie ist ein Filmklassiker hollywoodscher Machart für weibliches Publikum. Sie folgt einem vorgegebenen inhaltlichen Prinzip und dient zur Profitmaximierung der Filmindustrie bei gleichzeitig geringstem finanziellen Risiko. Daher ist sie bei Private-Equity-Firmen, Filmfonds und Finanzhaien ein beliebtes Mittel der automatischen Geldvermehrung.
Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Hugh-Grant-Liebeskomödie entstand im Verlauf der Neunziger Jahre. Der unvorhergesehene Erfolg der schlampig gedrehten, völlig vorhersehbaren und größtenteils unkomischen Filmkomödie "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" überraschte die Produzenten über alle Maßen. Die Filmstudios in Hollywood setzten Expertenkommissionen ein und riefen Marktforschungen ins Leben, um aus diesem Überraschungserfolg die Funktionsprinzipien eines perfekten Kassenschlagers zu destillieren.
Die romantische Komödie war zu dieser Zeit als Filmgenre bereits als gewinnträchtig geschätzt. Da sie allerdings sehr stark von Besetzung und Drehbuch bestimmt war, konnte ihr Erfolg an den Kinokassen nicht zuverlässig vorhergesagt werden. "Pretty Woman" war beispielsweise ein beispiellos profitabler Film, jedoch vollständig auf die Zielgruppe junger bis mittelalter Frauen zugeschnitten. Ehemänner und Lebenspartner beklagten sich lautstark über die Schmalzigkeit, Affigkeit und die Musikauswahl, in der Roxette eine dominante Rolle spielte. Obwohl der Film über Monate in den großen Sälen gespielt wurde, bildeten sich immer wieder Gruppen von frustrierten Männern, die sich dem Film verweigerten, an der Popcornausgabe betranken und nicht selten zum Sicherheitsrisiko wurden.
Es sollten noch einige Experimente statt finden, bis der perfekte Kassenschlager entwickelt worden war. Befragungen zufolge wurde zunächst Andy McDowell als treibende Kraft des Erfolgs von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" gesehen. Als aber Ende der Neunziger niemand mehr das immer gleiche Gesicht einer scheinbar nicht alternden, dafür aber immer am Rande des Nervenzusammenbruchs agierenden Schauspielerin ertragen konnte, wurde McDowell als Mannequin in die Welt der Versandhauskataloge entsorgt. Parallele Versuche mit Hugh Grant dagegen erwiesen sich als zuverlässige Businessmodelle.
Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Hugh-Grant-Liebeskomödie hat eine identische Handlung, die nur über verschiedene Besetzungen und leicht veränderte Drehbücher modifiziert wird. Folgender Baukasten hat sich als Handlungsgerüst bewährt:
Hugh Grant ist ein reicher, alleinstehender, kindlich-alberner Kauz, der seine besten Jahre/seinen größten Erfolg bereits hinter sich hat. Er ist bereits über vierzig/an die fünfzig/alterslos, aber nicht mehr der Jüngste und, obwohl er ein sehr komfortables/glückliches/wohlgeordnetes Leben führt, kann er zurückliegende Misserfolge/Enttäuschungen/Verletzungen nicht wirklich verwinden. Er flüchtet sich daher in Zynismus/Eskapismus/Selbstironie, um mit diesem Zustand zurechtzukommen und sich mit dem Leben zu arrangieren. Er ist Musiker/Schriftsteller/Buchhändler/Chef und verbringt seine Tage mit Partys/Fernsehen/Affären. Er arbeitet/lebt/feiert zusammen mit seinem besten Freund/alten Kumpel/WG-Partner, der sich durch besondere Schrulligkeit/Abgezocktheit/Trotteligkeit auszeichnet.
Nach spätestens 15 Filmminuten begegnet er der schönen, jüngeren, romantischen und energischen Drew Barrymore/Sandra Bullock/Julia Roberts/Andy McDowell. Nach gegenseitigem Kennenlernen, das nicht ganz konfliktfrei verläuft, gewöhnen sie sich aneinander, lernen sich schätzen, reden zunehmend auch über intime Dinge und verabreden sich zum Essen. Spätestens nach 30 Filmminuten sind sie zusammen. Es kommt zu einem Abend nach Restaurantbesuch, der mit Geschlechtsverkehr endet. In der Regel wachen die beiden nebeneinander auf. Sie bekennen sich zu ihrer Liebe. Die ungetrübte romantische Phase dauert bis zur 45. Filmminute. Diese Phase ist zumeist gespickt mit Andeutungen über Quellen möglicher Probleme. Hugh Grant lernt die Familie/Eltern/Freunde seiner neuen Freundin kennen; in der Regel werden Differenzen in Lebensstil/sozialer Herkunft/moralischem Standpunkt deutlich.
In der zweiten Filmhälfte baut sich dieser Konflikt auf. Hugh Grant ist aufgrund seines flatterhaften Wesens/seiner konsumistischen Haltung/seines mangelnden Selbstwertgefühls/einer unbereinigten alten Liebesgeschichte nicht fähig, sich auf Dauer auf seine Liebe einzulassen. Hinzu kommen berufliche Verpflichtungen/dominantes soziales Umfeld/Mutti. Aber auch die jugendliche Liebe hat Probleme, meist psychischer Art, die durch vergangene Enttäuschungen/Demütigungen/Niederlagen ausgelöst worden sind. Der Konflikt wird nicht ausgesprochen. Die junge Frau verhält sich fordernd, Hugh Grant dagegen ausweichend mit Fluchtinstinkten. In einer dramatischen Szene kommt es zum Verrat von Geheimnissen und/oder falscher Wortwahl. Daraufhin erklärt Hugh Grant sich für liebesunfähig und/oder vergrault seine Freundin durch Beschimpfungen/Unterstellungen. In diesem Moment wirkt er zugleich lächerlich und bemitleidenswert, z. B. auf einem Kostümball oder in Unterwäsche.
Nach etwa 75 Filmminuten haben sich beide in ihre angestammten Umfelder geflüchtet und mit ihren besten Freunden/Freundinnen/Mutti ausgesprochen. Beide sehen zeitgleich ihre Schuld am Scheitern ein. Die Hauptdarstellerin sieht sich jedoch als die Hauptleidtragende und kündigt unter Tränen ihre Heimreise/Flucht/Rückkehr an. Hugh Grant entschließt sich daraufhin, seine Liebe durch eine spektakuläre Aktion zurückzuerobern. Spätestens in der 90. Filmminute schreitet er zur Tat. Unverzichtbarer Bestandteil ist eine öffentliche Rede/ein camouflierter Liebesschwur/ein vorgetragenes romantisches Lied, das die Umstehenden zu verständnisvollem Lächeln bewegt und die Angebetete zu Tränen rührt. Der Versöhnung mit Kuss und zumeist öffentlichem Applaus der Umstehenden, aber ohne erneuter Sexszene folgt ein kurzer Abspann, in dem das Paar im Gegenlicht zur Skyline von New York/London/Paris gezeigt wird.
Unverzichtbare Bestandteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Hugh-Grant-Liebeskomödie muss immer einen Gegensatz beinhalten, der den Mann als älter, reicher und Engländer, die Frau dagegen als jünger, dynamischer und Amerikanerin hinstellt. Daraus lassen sich sehr viele mäßig komische, aber dafür auch harm- und schmerzlose Dialoge entwickeln, die Gemeinsamkeiten jenseits dieser vordergründigen Unterschiede herausarbeiten.
Damit Hugh Grant hinreichend begehrenswert erscheint, darf seine Rolle nicht ins dauerhaft Lächerliche abgleiten. Daher trägt er sein Schicksal mit Fassung und Humor. Zur Sicherheit wird ihm ein Nebendarsteller zur Seite gegeben, der debil, vulgär oder auf andere Art lächerlich und niveaulos ist. Hierdurch werden die kindischen Züge Hugh Grants in einem erträglichen, fast sogar sympathischen Zusammenhang gesehen. Die Nebenrolle spricht zudem die Männer an, die sich über einen betrunkenen, fetten, furzenden Tollpatsch gerne amüsieren und so bereitwillig hinnehmen, dass an ihrer Seite die Ehefrau gerade dahinschmilzt und nächtelang von Hugh Grant träumt, möglicherweise sogar während des spätabendlich folgenden Geschlechtsverkehrs.
Die Umgebung muss zwingend eine Großstadt mit Chic und Flair sein, in die sich insbesondere die Zuschauerinnen hineinträumen können. Besonders angesagte Viertel in diesen Städten mit tollen Lofts, edlen Restaurants, stickigen Clubs und Klamottenläden versprechen den größten Erfolg. Wasserflächen begünstigen die romantischen Aspekte (Möwen, tutende Schiffe, reflektierender Sonnenuntergang).
Wirtschaftliche Kalkulation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Hugh-Grant-Liebeskomödie soll einen Return on Investment von mindestens 15 % erspielen, um das Finanzmodell attraktiv zu halten. Als Hauptkostenblöcke stehen die Filmgagen für Hugh Grant und einen weiblichen Megastar zuzüglich ihrer jeweiligen Spezialwünsche am Set (Champagner-Bringdienst, Teddysammlung, Pornohefte, Koks). Direkt danach folgen Investitionsaufwände für Merchandising, Image- und Werbekampagnen, Hugh-Grant-Stoffpuppen, PR-Kampagnen und ähnliches. Kosten für Drehbuch, Nebendarsteller, Statisten oder Stunts fallen kaum an. Die Einspielergebnisse müssen auf diesem Schema zuverlässig kalkuliert werden können, daher dürfen keine Überraschungen auftreten und Improvisation ist streng verpönt. Da die Prinzipien des Handlungsaufbaus und des Umfelds bisher strikt beachtet wurden, sind Hugh-Grant-Liebeskomödien zuverlässige Gewinnbringer geblieben. Es bleibt allerdings abzuwarten, welches Filmgenre für den spätestens ab 2025 endgültig alternden Hugh Grant bleibt, und wer die Hugh-Grant-Liebeskomödien-Hauptrolle an seiner Statt erwerben wird.