Völlerei
Das Völlerei ist eine Erfindung von Rudi Völler. In seiner moderat steilen Fußballer-Karriere begegnete er einmal Franz Beckenbauer am 16. Spieltag der Bundesliga 1980/81. Dabei saß Völler bis zur 82sten Minute auf 1860 Münchens Ersatzbank und schaute seinem Idol Beckenbauer vom HSV dabei ganz genau auf die Füße. Mit seiner Naturbegabung als Physiker setzte sich Völler nach dem Spiel in seinen Hobbykeller in der Hanauer Zeichenakademie und nähte dort von Hand einen Fußball, ideal optimiert für Beckenbauers Fußform. Der neuartige Ball fiel etwas eiförmig aus, ja wie ein Ei mit zwei Spitzen. "Irgendwie komisch, das Ding" sinnierte Völler und ließ das Ding erstmal im Hobbykeller links liegen. Erst kurz bevor Beckenbauer erneut zu Cosmos New York ging, um transatlantische Entwicklungshilfe zu leisten, schickte Völler ihm seinen Spezial-Beckenbauer-Ball als Glücksbringer. Beckenbauers HSV-Kollege Uli Stein, ein begabter Karikaturist, lobte die dreidimensionale Karikatur eines Balles. Tatsächlich soll Beckenbauer seinen Spezialball im Training verwendet haben, denn damals war es um die Rundheit der amerikanischen Fußbälle nicht gut bestellt. Das eiförmige Ding vom Völler erwies sich also voll als Bringer fürs Torschuss-Training.
Das Abschiedsspiel für Beckenbauer bei Cosmos wurde schließlich mit diesem Ball ausgetragen. Natürlich waren alle Spieler darauf aus, den Ball zu stibitzen als Andenken an den Fußballgott. Mehrmals stürzten während und nach dem Spiel die Spieler haufenweise aufeinander, um des Balles habhaft zu werden. Beckenbauer aber ergriff immer als erster den Ball und entwickelte eine Taktik nach der anderen, um mit dem Ball unter dem Arm dem Getümmel zu entkommen, den er dann über das Cosmos-Tor hinweg kickte, hinter dem ein zuverlässiger Balljunge das Ding auffing.
Die US-Sport-Presse, die sich nie so recht für Fußball hatte erwärmen können, notierte genauestens die Vorgänge auf dem Spielfeld mit dem revolutionären neuen Ei von einem Ball. Am nächsten Tag war das Völlerei Top-Schlagzeile in Washington Post, New York Times, Huffington Post und Cactus Junction Daily. Noch nie hatten Amerikaner ein Fußballspiel als so spannend empfunden wie an diesem Tage. Noch am Abend des Tages hatte der Präsident der amerikanischen Fußballliga einen Entwurf für neue Spielregeln, welche Raufereien auf dem Spielfeld und das Balltragen unter dem Arm ausdrücklich erlaubten sowie den Ei-Schuss über die Latte mit Punkten belohnten.
In der nächsten Saison blieben die Ränge leer in den Fußballstadien, nicht nur weil Kaiser Franz auf dem Spielfeld fehlte, sondern auch, weil nun alle nur noch das neue American Football sehen wollten. Ähnlichkeiten zum englischen Rugby-Spiel ergaben sich ganz zufällig. Traditionelle amerikanische Mannschafts-Sportarten wie Baseball und Basketball hatten zunächst das Nachsehen, doch konnte Basketball als Sportstiefel-Mode-Trendsetter punkten und Baseball wurde zum Ritual zum Absingen der Nationalhymne mit anschließender Popcorn-Orgie. Basketball konnte schließlich durch Import eines deutschen Basketgottes wieder vom Witz- in den No-Witz-Modus gebracht werden.
Auch in Deutschland versuchten damals etwas heruntergekommene Fußballvereine wie Eintracht Frankfurt umzufirmieren als Football-Mannschaft. Das Waldstadion wurde deshalb zur Arena der Galaxy Frankfurt Football-Mannschaft, doch die Umstellung der Fans von Currywurst auf Hot Dog gelang nicht auf Dauer. Seitdem regieren dies- und jenseits des Nord-Atlantik zwei verschiedene Fußball-Kulturen: Vollendetes Kicken classic des Runden ins Eckige hier, und voll die Klopperei ums Völlerei da!
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