Konstruktive Kritik
Konstruktive Kritik ist die Kunst, einen Mitmenschen zu kritisieren, ohne dies wie Kritik aussehen zu lassen.
Auftreten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Wesentlichen tritt konstruktive Kritik immer dort auf, wo Wert auf ein angenehmes Arbeitsklima in freundlicher Atmosphäre gelegt wird. Zumeist also dort, wo Theoretiker, Schöngeister und andere Weicheier am Werk sind. Dies begründet sich in den ellenlangen Diskussionen die für eine konstruktive Kritik unerlässlich sind. In der praktischen Arbeit fehlt für eine ausufernde Diskussion schlichtweg die Zeit, so dass Kritik eher kernig bis harsch ausfällt. Zeit ist schließlich Geld und Geld regiert die Welt.
Klassische Habitate der konstruktiven Kritik sind also Geisteswissenschaften, soziale Arbeit oder Kunst und Literatur.
Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Kritisierte sollte immer das Gefühl haben, auf Augenhöhe mit dem Kritiker zu stehen. Konstruktive Kritik wird stets mit einem leichten Lächeln vorgetragen; der Tonfall bleibt immer freundlich. Versteckte Appelle an die Vernunft oder Einsichtigkeit des Kritisierten erhöhen die Erfolgsaussichten. Konstruktive Kritik wird vorzugsweise im Konjunktiv angebracht; „Du sollst“ oder „Du musst“ wirken autoritär und besserwisserisch.
Gründe für Konstruktive Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Konstruktive Kritik ist, wie eingangs erwähnt, ein nett verpackter Verriss. Sozusagen ein Anschiss durch die Blume gesagt. Gründe für ihren Gebrauch können mannigfaltig sein.
Neid[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Will man dem (der) Kritisierten den Eindruck vermitteln, dass im Grunde alles gut ist, wird die Kritik über einen längeren Zeitraum immer wieder zu einzelnen eher marginalen Punkten eingebracht. Meistens wird ein Verbesserungsvorschlag dann gleich mitgeliefert. Ziel ist es, der Arbeit der kritisierten Person den „eigenen Stempel“ aufzudrücken und sie als mehr oder weniger miesen Plagiator bloß zu stellen. Und was Plagiatoren blüht, wissen doch alle: Man kann sie auf Tantiemen und Schadenersatz und ihr ganzes Hab und Gut verklagen.
Typische Einleitungsfloskel: Also ich finde das richtig gut, aber sieh mal, das wird noch besser, wenn...
Selbstdarstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tritt der Fall ein, dass der Kritisierte gerade an einer Arbeit sitzt, die der Kritisierer selber gerne bearbeitet hätte, wird es unweigerlich dazu kommen, dass der Kritisierer der Arbeit des Kritisierten seinen Stempel aufdrücken will. Dazu wird er (ob erbeten oder ungefragt) immer wieder seine Meinung zu den aktuellen Ergebnissen des Kritisierten abgeben. Meistens hat er dazu bereits vorgefertigte Passagen, die die schriftlichen Errungenschaften des Kollegen ersetzen könnten, parat.
Typische Einleitungsfloskel: Ich finde, du könntest diesen Abschnitt so gestalten:...
Selbstüberschätzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kommt immer dann zum Tragen, wenn der Kritisierer entweder sehr jung und unerfahren oder aber alt, erfahren und einmal zu oft um seinen Rat gefragt worden ist. Hintergrund ist schlichtweg der Glaube, alles stemmen zu können, was da auf einen zukommt. Auch ohne jedes Hintergrundwissen, ohne sich vorher mit dem Thema beschäftigt zu haben, die Erfahrung ist ebenso wenig mit Fakten aufzuwiegen, wie der jugendliche Elan.
Typische Einleitungsfloskel: Also, wenn du meine fachliche Meinung hören willst (und ich weiß, das willst du) dann solltest du so an die Sache herangehen:...
Gutmenschentum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die edle und altruistische Einbringung konstruktiver Kritik, die nur darauf abzielt, den Mitmenschen in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, seiner Karriere auf die Sprünge zu helfen oder einfach seine besten Seiten hervorzukitzeln. Der Kritisierer erwartet keinen Dank und hat keinerlei Hintergedanken bei seinem Tun. Der Gotteslohn reicht ihm für seine Taten völlig aus, ein freundliches Danke ist für ihn lediglich das Bonbon oben drauf, denn durch die erbrachte Hilfestellung fühlt er sich einfach gut und mit sich, Gott (seinen Göttern) und der Welt im Reinen. Meistens liegt diesem Verhalten eine schwere psychische Störung zu Grunde.
Typische Einleitungsfloskel: keine
Auswirkungen der konstruktiven Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Auswirkungen konstruktiver Kritik hängen jeweils wieder von dem ab, was der Kritisierte üblicherweise an Kritik gewöhnt ist. Innerhalb der eingangs beschriebenen Gruppen wird, wie bereits erwähnt, eine längere Diskussion folgen, in der die These des Kritisierenden sorgsam erörtert wird, gegebenenfalls eine Antithese aufgestellt wird und nach deren sorgsamer Diskussion eine Synthese gezogen wird. Der Zeitaufwand beträgt etwa eine bis vier Stunden. Auf den üblicherweise „normal“ Kritisierten wird die konstruktive Kritik ob ihrer offenbaren Freundlichkeit so überwältigend wirken, dass er die Kritikpunkte sofort aufgreift und sie in der Revision der erbrachten Arbeit sofort übernimmt. Bei einem Vertreter der harschen Kritik wird konstruktive Kritik eher wirkungslos bleiben. Meist wird nur eine kurze Antwort gemurmelt und der Kritisierte macht weiter, wie er schon die ganze Zeit gemacht hat.
Direkter Vergleich konstruktive Kritik - neutrale Kritik - harsche Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die nun folgende Tabelle gibt einen Überblick, wie sich die verschiedenen Kritiken in einer alltäglichen Situation darstellen. Sie könnte als Hilfestellung für die zu wählende Reaktion betrachtet werden.
Situation | konstruktiv | neutral | harsch |
---|---|---|---|
Der Sitznachbar im Zug riecht nach Knoblauch, Zwiebel und tagealten getragenen Socken | Hören Sie mal, werter Freund, ich finde, sie könnten unbedingt etwas gegen den unschönen Geruch, für den, so leid es mir tut, ich leider Sie verantwortlich machen muss, unternehmen. Davon würden dann sowohl Ihre Umwelt, als auch Sie selbst ungemein profitieren, denn Sauberkeit steigert das Selbstwertgefühl ungemein. | Sie sollten schon auf Körperpflege achten, wenn Sie schon mit anderen Leuten zusammen Bahn fahren. | Du alte Sau, putz dir die Zähne, wechsel die Socken! |
Die von Besuch mitgebrachte Hauskatze räkelt sich unerlaubterweise auf dem Wohnzimmertisch | Ich finde, du solltest deinem Kätzchen nicht erlauben, auf Möbel zu springen. Ich weiß ja, das Tierchen denkt sich ja nichts dabei, aber ich fürchte es ist einfach unhygienisch und die Katzenhaare sind sicher nicht gut für unseren kleinen Kevin. Hier, ich gebe dir ein paar alte Socken, damit kann sie dann spielen. | Ach, könntest du die Katze bitte vom Wohnzimmertisch nehmen. Die Tischplatte ist so empfindlich, weißt du. | Die Muschi vom Tisch! |
Der Lehrherr hat seinen Lehrling dabei erwischt, wie er an einem Freitag Vormittag den Kehricht aus der Werkstatt nicht wie angeordnet in die Mülltonnen entsorgt, sondern ihn einfach in eine dunkle Ecke der Halle gekehrt hat. | Weißt du, Junge, du solltest vielleicht wirklich mal deine Arbeitseinstellung überdenken. Wir alle wollen gerne ins Wochenende, nichtsdestotrotz erledigen wir alle unsere Aufgaben so gewissenhaft, wie an allen anderen Tagen der Woche. Dieser Kehricht gehört nun mal in die Ascheimer und seien wir doch mal ehrlich: Wir alle arbeiten doch viel lieber an einem sauberen und ordentlichen Arbeitsplatz. Jetzt bring doch bitte diesen Kehricht in die vorgesehenen Behälter und dann kannst du Feierabend machen. Wir wollen doch alle stolz auf unseren Betrieb sein. | Hör mal, <Vorname des Lehrlings>, du musst heute kehren, wie es hier alle als Stift machen mussten. Jetzt erledige deine Aufgabe bitte ordentlich, wir wollen schließlich alle ins Wochenende. Und wenn wir schon dabei sind, warum warst du vorgestern eigentlich nicht in der Berufsschule? | Du fauler Sack du, mach deine Arbeit ordentlich oder lass dir deine Papiere fertig machen! |
Unteroffizier erwischt jungen Wehrpflichtigen, der im Alarmposten eingeschlafen ist. | Schütze <Nachname>, ich weiß, es ist ein harter Tag für uns alle, aber wir bringen Ihnen doch hier letztendlich nur bei, wie sie überleben können, wenn Sie in ein paar Monaten an den Hindukusch verlegt werden sollen. Auch wenn es Ihnen manchmal lächerlich erscheinen mag, was Ihre Ausbilder hier mit Ihnen veranstalten, wenn es hart auf hart kommt, werden Sie uns einmal dankbar für diese scheinbar unsinnige Schinderei hier sein. Und schließlich verlassen sich ihre Kameraden hinten im Gruppennest darauf, dass Sie rechtzeitig Alarm geben, wenn der Gegner aus Rotland aufmarschiert. Sie sind unser vorderster Rand der Verteidigung und Sie könnten es sich doch niemals verzeihen, wenn Ihre Kameraden aufgrund einer Unachtsamkeit ihrerseits die Heimat nicht wiedersehen würden. | Schütze <Nachname> wir machen das hier nicht zum Spaß. Wenn das ein scharfer Einsatz wäre, wären Sie und ich und das ganze Bataillon schon tot, weil Sie sich nicht zusammengerissen haben. Und jetzt Marsch zu Ihren Kameraden im Gruppennest und entschuldigen Sie sich für Ihren Fehler und dann üben wir alle noch mal das Marschieren unter ABC Bedingungen. Das hat jetzt natürlich nichts mit Ihrem Fehler zu tun, aber es hilft Ihnen bestimmt dabei, sich in Zukunft mehr zusammenzureißen. Ach ja, für den Rest des Tages sind Sie Schütze 2 am MG. | Unteroffizier gibt zwei Schuss ab, brüllt C-Alarm und lässt anschließend das Überqueren einer freien Fläche und die Erstürmung einer feindlichen MG-Stellung unter ABC-Bedingungen durchspielen. Sprung auf Marsch Marsch! |
Diese Tabelle erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenso sind Abwandlungen und Mischformen der dargestellten Kritiken möglich. Für die Folgen Ihrer Reaktion können weder der Autor noch die Uncyclopedia-Redaktion die Haftung übernehmen.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- P. Lauda - Tasché: Innerbetriebliche Kommunikationsentwicklung Band 7 - Kritik sachlich und konstruktiv anbringen. RhabarberRhabarberRhababer, ISBN 8-0187-2821-4
- Pfeifenschleifer, Kurt Oberst a.D.: Moderne Kritikformen. Mittler und Sohn Berlin - Bonn - Hamburg, ISBN 6-9990-4135-4
- McEnroe, J: Süßer Duft und spitze Dornen - Die dunkle Seite der Blumensprache. Axtimhausen, ISBN 6-7469-4358-7
Artikel der Woche 01/2011
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