Supermarkt
Dieser Artikel oder Abschnitt beschäftigt sich mit dem Supermarkt, das Gebäude als solches samt Inhalt. Meinten sie etwa tatsächlich das eckige, längliche Plastikteil, das man an der Supermarktkasse zwischen die Einkäufe legt?. |
„Drei Sieben, 85 bitte! Drei Sieben, Danke!“
- ~ Die Stimme aus dem Off über Supermärkte
Als Supermarkt bezeichnet der Volksmund graue Stahlbetonklötze, die von Architekturstudienabbrechern mit Vorliebe in Vorstädte und Gewerbegebiete gepflanzt werden. Die Hauptfunktion ist der Erwerb von Nahrung, Kleidung oder Winterreifen. Daneben dient er Hausfrauen auch als Social Event Location um Tratsch und Klatsch auszutauschen. Aber auch zur Simulation einer Zombieapokalypse kann der Supermarkt verwendet werden, besonders wenn zwischen 7:30 und 8:30 sowie ab 19:55 die Geronten Ü80 die Gänge füllen.
Generelles Erscheinungsbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Architektonisch bewegt sich ein Supermarkt irgendwo zwischen Bauhausstil und Lego-Duplo. Die größtenteils kubistische Fassade lässt sämtliche Liebe zum Detail vermissen und auch die partiell angebrachten Wellbleche hübschen den Bau nicht sonderlich auf, sondern helfen nur, den Empfang sämtlicher Mobilfunknetze im Inneren zu mindern.
An der Fassade befinden sich oft regionale Kunsterzeugnisse von Künstlern mit Namen wie Banksy, Tagmaster, PornGod oder Dieter. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die verwendeten Techniken. Einige Künstler beschränken sich auf handelsübliche Markierungsfarbe aus Sprayflaschen, mit denen sie ihre Botschaften an dem Betonklotz anbringen. „Stopp dem Konsum!“ hallt es da mit einem Augenzwinkern von der Wand, „Amis go home!“ als Überbleibsel vergangener Kämpfe oder einfach nur „Mareike ist ne Schlampe!“, worüber sich so manche Mareike echt ärgert.
Wieder andere ritzen mit Schlüsseln, Korkenziehern oder Fingernägeln Ornamente in den Putz. So oder so — wirklich hübsch wird der Supermarkt damit auch nicht, aber immerhin abwechslungsreich.
Parkplatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während der Supermarkt selbst ein Koloss aus Stahl und Beton ist, der für etwa 7.000 Menschen Platz bietet, so ist in dessen Front meist eine abgeschrägte Parkreihe mit 10 Stellplätzen installiert, von denen allerdings mindestens 6 für Behinderte reserviert sind. Sollte man das Glück haben und einen der begehrten Plätze erhaschen, wird man schnell feststellen, dass alles was größer ist als ein Opel Corsa oder ein ausgezogenes Akkordeon, nur schwer durch diese Enge navigiert. Fädelt man seinen BMW 735d doch irgendwie rein, kann man evtl. noch durch das Panoramadach entweichen. Ein ordentliches Öffnen der Türen ist nur in seltensten Fällen möglich.
Neben der Möglichkeit sein Auto abzustellen kann man gleichzeitig einen Einkaufswagen für 1,00 € oder einem Plastikchip leasen. Bedenkt man den Rohwert des Einkaufwagens, ein guter Deal. Bei den Wägen gibt es drei Modelle. Modell A mit hängendem Vorderrad, Modell B mit klebriger Griffleiste und Modell C mit gesammelten Kassenzetteln und Werbeflyern der letzten 7 Jahre. Hat man ein Modell gewählt schiebt man es im Hauptverkehrsfluss in Richtung Eingang. Nach Möglichkeit hält man sich in der Straßenmitte auf um besser gesehen zu werden und die Schrittgeschwindigkeit der Autofahrer zu forcieren.
Interieur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Pforte der Konsumhalle ist meist elektronischer Natur. Die Türen öffnen sich per Lichtschranke oder Drucksensor in seitliche Richtung. Um Konsumenten und eventuelle Schaulustige effizient fern zu halten, wurden seit den frühen 2000er Jahren Rotationstüren eingeführt. Diese Portale sind kreisförmig aufgebaut und werden durch eine Glaswand in der Mitte geteilt. So bieten sie genug Platz für 1 1/2 Erwachsene + 4/5 Einkaufswagen. Aber Achtung, in diesen Portalen sind kleine Minigames integriert ähnlich dem Heißen Draht aus der 100.000 Mark Show. Bewegt sich der Besucher zu nah an die Glaswand, so stockt diese sofort und Teilnehmer in der anderen Hälfte laufen eben gegen jene Barrikade - ein Spaß für alle! Das selbe Prinzip greift auch wenn man zu langsam ist. Ab und zu postieren sich auch professionelle Gegenspieler am eigentlichen Ende und drängen schon in die rotierende Tür bevor man selbst überhaupt die Chance hat heraus zu kommen.
Hat man die Hürde genommen eröffnet sich einem ein Konsumreigen par Excellence. Dem Hauptgang entlang wird der Besucher von Werbung überhäuft. Überall finden sich Aktionsaufsteller mit vermeidlichen Sonderangeboten. "7 Tafeln Rittersport für den Preis von 6, aber den Kalorien von 8!" oder einlagiges Toilettenpapier in einer Großfamilienpackung mit der selbst noch die nächste Generation wunde Hintern kriegt.
Löst man seinen Blick dann doch mal von der kunterbunten Ware, bemerkt man die eigentlichen Artikel in den etwa 3,50m hohen Regalen. Auf Blickhöhe, das weiß inzwischen selbst der Dümmste, findet man die teure Ware, die mit ihrer bunten Verpackung die Blicke auf sich zieht, fixiert und letztlich den Konsumenten verführt. Der unansehnliche Billigjoghurt ohne coolen Slogan wird ignoriert. Kostet ja auch eigentlich nur 1,10€ weniger auf 100ml gerechnet. Zudem will man ja nicht, dass die Gäste beim Blick in den Kühlschrank in Gelächter verfallen, wenn sie die Wahl der Milchprodukte sehen — das kann ja durchaus vorkommen.
Wurschtelt man sich irgendwie aus dem Regallabyrinth, findet man am anderen Ende der Halle die Wurst- und Fleischabteilung. Hinter Glas werden Tierkadaver hübsch beleuchtet und mit Plastikobst garniert um ansehnlicher für das Auge des Einkaufenden zu wirken. Die an den Armen meist überdurchschnittlich behaarten Damen, die hier arbeiten, sind dem Konsumenten gern bei der Wahl seines toten Tieres behilflich und informieren gern mit hängenden Mundwinkeln über Art und Zubereitung der Ware. Bestellt man nun 100g Salami beginnt ein physisches Phänomen. Die Wurstfachangestellte schneidet genau 85 oder aber 135 Gramm Salami ab. Daraus entwickelt sich ein soziologischer Effekt. „Recht so?“ fragt die Dame, was der Einkäufer meist nur mit einem verstörten Kopfnicken bejaht.
Weiter geht es zum Abenteuerspielplatz der Getränkeabteilung. Meterhoch türmen sich hier Getränkekisten auf. 20 verschiedene Arten von Mediummineralwasser finden sich nebst 70 verschiedener Sorten Bier wieder. Verzweifelte Hausfrauen versuchen an Kästen zu gelangen, die viel zu weit oben stehen für sie, anstatt einfach die beiden angefangenen neben ihr zu kombinieren. Pubertierende Jungs kichern in der Ecke bei den Softdrinks und tun so, als wäre es eine heikle Sache ein Sixpack Red Bull zu kaufen.
Auf dem Weg zu den Kassen bemerkt man meist, dass man noch frisches Obst und Gemüse benötigt. Dieses findet man entweder ganz vorne am Eingang, oder hinten neben der Wurst. Faustregel ist: immer da, von wo man am weitesten entfernt ist. Erreicht man die Abteilung endlich, wartet eines der kleinen Minispiele auf einen. Die Karotten mit grün sind im Bundpreis erhältlich, die ohne sind aber wieder pro kg abzuwiegen. Doch Achtung, die Karotten zur Sonderaktion sind Stückpreise. So verbringt man weitere 15 Minuten mit der Entscheidung welche Möhren letzten Endes den Weg in unseren Korb finden.
Kasse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hat man es endlich geschafft und seinen Pflichtteil erfüllt, reiht man sich geduldig in die starre Schlange vor den Kassen ein. Hier ergibt sich für den Käufer die Gelegenheit, altes Magnumeis für 1,99 € statt 1,49 € zu kaufen. Besonders Kinder springen auf die bunten Tabakwaren am Kassengang an, ist doch alles so schön verpackt. Der Kaugummi, das Eis am Stiel oder der Stopftabak von Marlboro. Die Bälger betteln umgehend die Eltern an und reagieren bei Ablehnung ihres Begehrens mit Sich-rücklings-zu-Boden-werfen bei gleichzeitigem, nervenzerfetzenden Rumgeheule, was andere Kassenschlangensteher womöglich zu solidarischen Aufforderungen wie "Nun kaufen Sie doch der armen Kleinen den Lolli/Schokoriegel/Flachmann...!" animiert (diese Erziehungsuntergräber sind natürlich getarnte Supermarktangestellte, die damit den Umsatz der überteuerten Kalorienbomben bzw. Tabakwaren und Alkoholika steigern sollen). Die Brut kann sich beim Quengeln alle Zeit der Welt nehmen, denn an der Kasse sitzt meist eine Dame reiferen Alters, die alle Zeit der Welt hat, jede Ware mit Bedacht über den Scanner zu ziehen. Sind zwei Konsumenten abkassiert worden, tauschen alle Kassiererinnen wild die Plätze, das bringt erneut Zeit, sich der Quengelware an der Kasse zu widmen, um den Gelüsten letztendlich nachzugeben und gierig zuzugreifen.
Manche Eltern aber erinnern sich an ihren Erziehungsauftrag und ignorieren das ungebührliche Betragen ihres Nachwuchses. Mit den Worten „Komm jetzt Tschan-Luka, sonst fährt der Mama ohne dir Hem!“ wird das schreiende Bündel links liegen gelassen. Da die anderen Kassenschlangesteher solch ein Balg dann doch nicht adoptieren möchten, besinnt es sich in der Regel doch eines Besseren und folgt nach wenigen Augenblicken schniefend dem Mutter- oder Vatertier. Geben aber erziehungsunfähige Erziehungsauftragsverweigernde dem Quengeln nur ein einziges Mal nach, wird das Ritual bei jedem Einkauf gnadenlos wieder und wieder vollzogen. Da mittlerweile immer mehr eigentlich erziehungspflichtige Erziehungsberechtigte von ihrem Recht keinerlei Gebrauch machen möchten, kommt ihnen jetzt die regierende Koalition zu Hilfe. Damit Eltern sich der Zumutung des Erziehens nicht mehr aussetzen müssen, werden demnächst Supermarkt-Quengelzonen zusammen mit anderen kindheitstraumatisierenden Konfliktherden (z.B. Schulen, Geschwister, Mitmenschen) abgeschafft.
Typologie des Kassenschlangestehers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wissenschaftlich betrachtet ist die Schlange an der Kasse der Traum eines jeden Soziologen und Psychologen. Anhand bestimmter Merkmale kann man abschätzen, was sich wohl in dem Wagen des jeweiligen Käufers befindet. Umgekehrt lässt der Inhalt des Einkaufswagens Rückschlüsse auf die finanzielle und soziale Situation des Wagenschiebers zu.
Da haben wir den langhaarigen und unrasierten jungen Mann im Norwegerpulli, obwohl draußen 25°C herrschen. In seinem Wagen finden wir ein Sixpack Coca Cola und diverse Tiefkühlpizzen, so etwa 30 Stück.
Als Kontrast dazu die Blondine vor ihm, die ausschließlich Bio-Nahrungsmittel kauft, da sie ökologisch-dynamisch Wert darauf legt, dass keine Chemie ihren Blumenkohl berührte. Dass der Lippenstift, den sie ebenfalls kaufen möchte, vorher an Mäusen getestet wurde, bis diese Tumore hatten so groß wie sie selbst, ignoriert sie gekonnt.
Die Kombination von hochprozentigem und preisgünstigem Getränk mit noch preisgünstigerem Tabak zum Selberdrehen ohne überflüssigen Kram wie Obst oder Gemüse findet sich häufig beim Typ "einsamer Wolf", dessen Ausdünstungen aber an "Puma im Käfig" erinnern und einen veranlassen, großzügig Abstand zu halten. Hinter einem selbst steht meist jemand mit schlimmer Erkältung, vorzugsweise feuchtem Auswurf. In seinen leicht feuchten Beuteln trägt die Kreatur oft drei Bierflaschen mit sich rum und etwa 3 Familienpackungen Tiramisu aus dem Kühlregal.
Ist man endlich an der Reihe, wird es ernst. Argwöhnisch beobachtet man, wie die ältere Dame die Waren piepsend übers Band schleudert. Schleudern ist dabei eher gewagt ausgedrückt, sieht es doch eher so aus wie die Superzeitlupenbetrachtung eines Kolibrifluges. Auch hier ist wieder ein Minigame versteckt. Wir erinnern uns an die Gemüseabteilung und stellen fest, dass wir den Granny-Smith-Apfel hätten wiegen müssen, sind aber vom Pink-Lady-Stückpreis ausgegangen. Die hinter dem Käufer stehenden Mitleidenden stimmen nun mit Brummgeräuschen und leichten Nörgeleien eine Spannungsmelodie an, die den Käufer schnell zur Waage der Abteilung rennen lässt. Ist die Hürde genommen, kann endlich weiter kassiert werden.
Doch Achtung! Vergisst man ein eckiges, längliches Plastikteil, das man an der Supermarktkasse zwischen die Einkäufe legt, geht das Gekaufte des Nachfolger mit auf den eigenen Bon. Stellt man dies fest, ist aber noch nichts zu spät, schließlich kann man ja die Waren stornieren lassen. Doch die Fastrentnerin an der Kasse benötigt zum Stornieren eines Artikels die Hilfe vom 21-jährigen Supervisor und etwa drei mal soviel Zeit wie zum Einscannen zuvor.
Hat man dies geschafft, kann man seine Waren endlich in den Kofferraum schmeißen und genervt nach Hause fahren, um dort festzustellen, dass man keine Milch gekauft hat. Dann noch mal ab zum Aldi.
Ausnahmezustand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fällt ein Feiertag auf einen gewöhnlichen Einkaufstag wie Freitag oder gar Samstag, herrscht am Tag davor, wie auch unmittelbar danach, Ausnahmezustand. Es scheint als hätten alle Menschen in der Stadt und drum herum, sämtliche Vorräte leer gegessen, die sie über Jahre sammelten. Nun müssen Vorratskammer, zwei Kühlschränke und mindestens ein Tiefkühlschrank wieder von Grund auf neu befüllt werden. Anders ist dieses Phänomen nicht zu erklären.
Aktionswochen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Supermärkte locken gerne Besucher mit Aktionen wie Skiwochen im Winter oder günstige Gartenmöbel im Frühjahr. Gibt es keinen saisonalen Anlass lockt man gern mit "Internationalen Wochen" oder "Tarzanwochen". Sprich man dreht einen Globus wie wild und wirft einen Dartpfeil. Das getroffene Land wird aufs Abscheulichste karikiert und die schlechtesten Klischees im Flyer abgedruckt. So sind bei den italienischen Wochen gern dicke Italos abgedruckt, die Pizzen durch die Gegend werfen und Nudelteig kneten. Die Realität ist, dass immer noch der selbe Hartweizengrieß feil geboten wird und die Pizzen noch immer von Dr. Oetker kommen, nur dass jetzt eine kleine Italienflagge drauf gemalt wurde.
Je nach Land ist der Erfolg einer solchen Aktion unterschiedlich. Besonders gut machen sich "Mama mia" Italia Wochen, "Buenos diarrea" Mexiko oder aber auch "Heimattage" aus Bayern. "Krachbumm" Angebote bei den Afghanistantagen werden nicht so gern angenommen, ähnlich dem Syrienspezial oder den Iranertagen.
Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Supermärkte werden zunehmend redundant, da einerseits Brennstoffzellen für Industrieroboter, welche in ihren Fähig- und Fertigkeiten auch immer vielseitiger werden, wesentlich platzsparender und leichter zu handhaben sind als diese Tiefkühlbriketts für den Menschenantrieb, andererseits für die Versorgung der Büroaffen in Bananenrepubliken wesentlich effizientere Distributionsmöglichkeiten an den Palmen zur Verfügung hängen.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Artikel der Woche 50/2012
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Artikel des Monats Dezember 2013
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