Selektive Wahrnehmung

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Als selektive Wahrnehmung bezeichnet man die im Unterbewusstsein verankerte Fähigkeit des Menschen, Tatsachen und Fakten zu verdrängen und nur den annehmbaren Teil der Realität wahrzunehmen, also den Teil, der die Integrität und das Ego des Wahrnehmenden nicht in Frage stellt. Diese Fähigkeit ist angeboren und verhilft dem Menschen dazu, sich seine eigene, auf die persönlichen Lebensumstände angepasste, Realität zu entwerfen und erfolgreich gegen äußere Einflüsse zu verteidigen. Das Wunschdenken ist eng mit der selektiven Wahrnehmung verwandt, bzw. geht aus derselbigen hervor.

Funktionsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die selektive Wahrnehmung erfolgt durch einen im Gehirn eingebauten Rezeptorenfilter, der die eingehenden Probleme erkennt, aussortiert und nur die Fakten an das kognitive Verständniszentrum des Gehirns weiterleitet, die für den Wahrnehmenden annehmbar und unbedrohlich erscheinen. Das Verdrängen von Problemen, die ein Umdenken des Wahrnehmenden oder die Änderung seiner Handlungsweisen erfordern würden, wird so ermöglicht und störende Eigenschaften wie Einsichtigkeit und Selbstkritik werden unterdrückt. Sollte bei einem Menschen die angeborene Fähigkeit der selektiven Wahrnehmung nicht stark genug ausgeprägt sein, kann er diese mit Hilfe eines Bretts vorm Kopf verstärken und ausbilden.

Anwendungsgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die selektive Wahrnehmung wird überall dort angewendet, wo eine möglichst subjektive Sicht der Dinge erforderlich ist und der Wunsch Vater des Gedankens wird.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Politiker benötigen sie, um die politische Realität auf das Programm ihrer Partei und ihre persönliche Profilneurose abzustimmen. In wirtschaftlich schweren Zeiten und bei innen- wie außenpolitischen Krisen können mit ihrer Hilfe Fakten verdreht und Problemfelder ausgeblendet werden. Aus wirtschaftlichen Rezessionen werden Aufschwünge, politische Niederlagen können zu „beachtlichen Erfolgen“ umgedeutet werden und problematische Kriegseinsätze lassen sich als glorreiche Siege darstellen.

Gerhard Atze Schröder brauchte einige Wochen um wahrzunehmen, dass seine Kanzlerschaft beendet war.

Beispiele
Ein Paradebeispiel für die selektive Wahrnehmung ist der Fernsehauftritt Gerhard Atze Schröders in der Wahlnacht 2005, die das Ende seiner Kanzlerschaft besiegelte. In dieser denkwürdigen Stunde blendete er seine durch Prozentzahlen belegte Niederlage komplett aus und machte sich vor laufenden Kameras zum Deppen der Nation. Sein unbedingter Wunsch, Bundeskanzler zu bleiben, verengte seine Wahrnehmung derart, dass alle Versuche, ihn zu einer Einsicht seiner Niederlage zu bewegen scheiterten. Erst Wochen später gestand der Medienkanzler kleinlaut seine Niederlage ein und ward daraufhin monatelang nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen.

Der von seiner selektiven Wahrnehmung irrgeleitete George W. Bush verkündete 2003 den Sieg, als der Krieg gerade erst begann.

Auch der Auftritt George W. Bushs auf einem Flugzeugträge im Mai 2003 in voller Kampfmontur, bei dem er voller Pathos den Sieg der amerikanischen Truppen über Saddam Hussein und seine Armee unter dem Motto Mission accomplished verkündete, war eine selektive Wahrnehmung erster Güte. Weder war der Krieg zu diesem Zeitpunkt in irgend einer Form „gewonnen“ noch war abzusehen, wie sich der weitere Verlauf des Irak-Konfliktes entwickeln würde. Doch George W. verdrehte die Tatsachen gekonnt und gab dem amerikanischen Volk für ein paar Tage das Gefühl, im Kampf gegen den Terror und die Achse des Bösen sei ein wichtiger Schritt getan. Auf der anderen Seite glänzte der Propagandaminister des Iraks Mohammed Saeed al-Sahaf mit Durchhalteparolen und selbst, als die amerikanischen Truppen schon fast in seinem Schlafzimer standen, behauptete er immer noch, die Gottlosen seien bald geschlagen.

Militär[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Soldaten sind bei Kampfeinsätzen sehr auf die selektive Wahrnehmung angewiesen, denn nur mit ihrer Hilfe können sie eigene Ängste und Bedenken ausblenden und bedingungslos und treu die angeordneten Befehle ausführen und seien sie moralisch noch so bedenklich. Die deutschen Generäle wussten in der Endphase des Zweiten Weltkrieges, dass der Krieg verloren war doch in ihrem fast religiösen Glauben an den Führer schickten sie immer mehr Kompanien als Kanonenfutter in den Tod und rekrutierten am Ende sogar 15-jährige Hitlerjungen. Letztendlich führte die selektive Wahrnehmung ein ganzes Volk in seinem blinden Glauben an den Postkartenmaler in den Untergang.

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jan Ich hab nichts gemacht Ullrich bestreitet bis heute, jemals gedopt zu haben und hat offensichtlich keinerlei Unrechtsbewusstsein, wenn es ums Thema Doping geht.

Im Sport ist die selektive Wahrnehmung ein Garant für Selbstbetrug und Tatsachenverdrehung. Mit ihrer Hilfe bleiben z.B. Fußballtrainer und Vereinspräsidenten an ihren Stühlen kleben, bis die sportliche Realität sie mitsamt ihren Stühlen in den Abstiegsstrudel reißt und durch den Druck der Fans und öffentlichen Medien kurzfristig das reale Leben in die Vorstandsetagen der Vereine schwappt. Für sportliche Niederlagen können mit ihrer Hilfe Begründungen gefunden werden (z.B. der parteiische Schiedsrichter oder der schlechte Rasen), die nichts mit der Relität zu tun haben und die Verantwortlichen davor schützt, Konsequenzen zu ziehen.

Im Radsport, der Leichtathletik und auch den meisten anderen olympischen Sportarten verhilft die selektive Wahrnehmung den Sportlern zu ungehemmtem Dopingkonsum und unterbindet jegliches Hinterfragen ihres unmoralischen Tuns. Der gesundheitsschädigende, selbstzerstörerische Aspekt des Dopings kann somit komplett ausgeblendet werden und auch der den Konsum von Dopingmitteln behindernde Gedanke des „Fair Play“ wird erfolgreich verdrängt. Die Sportler ignorieren gekonnt alle Aspekte, die bei der Verwirklichung ihrer ehrgeizigen Ambitionen hinderlich sein könnten und konzentrieren sich ganz auf ihre persönliche Leistungssteigerung. Das allgemeine Motto für Leistungssportler lautete deshalb: "Frisch gedopt ist halb gewonnen!"

Sucht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Süchtige Menschen sind auf die selektive Wahrnehmung angewiesen, um langfristig ihrer jeweiligen Sucht zu fröhnen und Rechtfertigungen für ihr Handeln zu konstruieren. Sie trinken, spritzen, sniffen oder rauchen sich ihre Lebensumstände schön, flüchten in innere Wahrnehmungsräume, in denen das Über-Ich mit seinen Ansprüchen und Wertemaßstäben nicht existiert und nehmen im Rauschzustand ihre Umgebung als weniger trist und Probleme als weniger bedrohlich wahr. Süchtige sind Meister der Verdrängung und wenn einem Kokainsüchtigen am Morgen das Blut aus der Nase läuft, wird er dafür eine ihm logisch scheinende Erklärung finden, die nichts mit dem Konsum von 10 g Kokain in der vorausgegangenen Nacht zu tun haben wird. Der Alkoholiker, den in der Nacht das große Zittern packt, weil sein Körper nach alkoholischem Nachschub verlangt, wird den Tremor mit einer „leichten Überreizheit“ seiner Nerven begründen, da sein Kanarienvogel sich am Abend zuvor den Flügel verletzt hat. Alle Süchtigen reden sich fortwährend ein, sie könnten ohne ihr Suchtmittel den Anforderungen des Lebens standhalten und außerdem jederzeit damit aufhören und die wenigen Süchtigen, die es schaffen, clean zu werden, merken erst nach ihrer Genesung, wie selektiv ihre Wahrnehmung tatsächlich gewesen ist.

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die selektive Wahrnehmung befähigt islamische Terroristen zu Höchstleistungen.

Man könnte auch sagen, dass religiöser Glaube selektive Wahrnehmung in ihrer reinsten Form ist. Ein überzeugter Katholik, der an die Schöpfungsgeschichte glaubt, nimmt die naturwissenschaftlich belegte Evolutionstheorie nicht wahr und behauptet tatsächlich, unser Planet sei in 7 Tagen von einem Wesen namens Gott erschaffen worden. Die weltweite Ausbreitung von AIDS deutet der Gläubige als Strafe Gottes für das lasterhafte Tun der Menschheit um und der Gebrauch von Kondomen, der eine Eindämmung der Seuche ermöglichen könnte, wird als moralisch verwerflich dargestellt, da er nicht mit den anachronistischen Lehren der Katholischen Kirche konform geht. So zimmert sich der Gläubige sein Weltbild zurecht und findet für jedes reale Problem eine metaphysische Deutung.

Fanatische Islamisten sind sehr geübt in der selektiven Wahrnehmung und deuten den im Koran beschriebenen Djihad nicht als heiligen Weg zu sich selbst, sondern als terroristischen Kampf gegen die ungläubigen Unterdrücker der Welt, der alle Mittel heiligt. Moralische Bedenken werden ausgehebelt und ermöglichen es dem religiös motivierten Terroristen, hemmungslos Menschen in die Luft zu sprengen und mit gekaperten Flugzeugen in Hochhäuser zu fliegen.

In religiösen Sekten wird die selektive Wahrnehmung durch eine ausgiebige Gehirnwäsche der Sektenmitglieder herbeigeführt, die dadurch zu willenlosen Werkzeugen des Sektenführers werden und nur noch eine - die abstrusen Theorien der Sekte untermauernde - Realität wahrnehmen.

Ego[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Menschen mit ausgeprägtem Ego und einem Hang zur Selbstverherrlichung sind sehr anfällig für die selektive Wahrnehmung. Sie nehmen sich selbst als perfekte Menschen wahr und es gelingt ihnen hervorragend, persönliche Makel und Persönlichkeitsdefizite auszublenden und umzudeuten. In Beziehungen konzentrieren sich diese Menschen auf ihr eigenen Bedürfnisse und blenden die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Partner aus. Besonders Männer benutzen diese Wahrnehmungsform, um ihre oftmals dürftigen Leistungen beim Geschlechtsakt in heroische - den vorgetäuschten Orgasmus der Partnerin ignorierende - Beglückungstaten umzudeuten und die obligatorische Frage danach „Na, wie war ich?“ wird zu einer rhetorischen Frage, da der Mann die Antwort immer schon kennt: „Klasse!“

Aber auch Künstler mit stagnierendem oder ausbleibendem Erfolg helfen sich mit Hilfe der selektiven Wahrnehmung durchs Künstlerleben. Schuld am persönlichen Scheitern ist das begriffsstutzige Publikum oder das diffamierende Feuilleton und selten ist ein Künstler dazu bereit, die Ursache seines Scheiterns in der eigenen künstlerischen Leistung zu suchen. Die eingeschränkte Wahrnehmung hilft dem Kulturschaffenden dabei, konsequent seinen eigenen Stil durchzuziehen, auch wenn der längst keinen mehr interessiert.

Erziehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eltern nehmen die psychischen Probleme ihrer Kinder oft nicht wahr und erwachen meistens erst aus ihrer selektiven Wahrnehmung, wenn das Kind drogenabhängig, bulimisch oder straffällig geworden ist. Sie schützen sich und ihre (nicht vorhandenen) Erziehungskonzepte durch eine rosarote Brille und suchen die Schuld für die Verwahrlosung ihrer Kinder lieber beim maroden Schulwesen oder dem bedenklichen Freundeskreis ihrer Sprösslinge.
In vielen Fällen geben die Eltern ihre eigene eingeschränkte Wahrnehmung auch direkt in Form von subjektiven Meinungen und Werten an ihre Sprößlinge weiter. So kann sich der Selbstbetrug über Generationen hinweg in den Familien und letztendlich auch in der Gesellschaft festsetzen.

Fazit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die selektive Wahrnehmung verhilft dem Menschen also dazu, sich selbst zu schützen und seinen geistigen Horizont adäquat einzuengen. Sie ist der Garant für persönlichen Erfolg aber auch Ursache für gesellschaftliche Missstände. Mit ihrer Hilfe kann Schuld und persönliche Verantwortung erfolgreich abgewälzt und eine mühsame Ursachenforschung von Problemen vermieden werden. Ob die selektive Wahrnehmung als Tugend oder Makel zu bewerten ist, sei dem Leser selbst überlassen.


Typische Berufskrankheiten von Politikern
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