Teutonia Marburg 07
Teutonia Marburg 07 ist ein ehemaliger hessischer Sportverein, der vor allem durch die Erfolge seiner Fußballabteilung in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts bekannt geworden ist. Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im Jahr 1951 hatte Teutonia 3900 Mitglieder. Zu den größten Erfolgen zählt insbesondere die Erringung der nassauischen Meisterschaft im Jahr 1889.
Anfänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 07. 07. 1871 gründeten die Brüder Carl, Theodor und Adolph Wirzeburg zusammen mit einem gewissen, historisch nicht sicher belegten Alfons Wannenbichler, von dem die Legende besagt, er sei Hermaphrodit gewesen, die Teutonia. Mit dem örtlichen Colonialwarenhändler Friedemann Paul (der sich in Ermangelung deutscher Kolonien ein lukratives Monopol für Schweinedarm- „Condome“ und Bruchbänder gesichert hatte) konnte sogleich ein finanzkräftiger Sponsor gefunden werden. Leider hatte der Fußballsport zum damaligen Zeitpunkt kaum Verbreitung in deutschen Landen, wo man eher heute zu Recht vergessenen Zeitvertreiben frönte, die überwiegend merkwürdige dialektale Namen trugen und allesamt mehr oder weniger stark abgewandelte Formen von Boxen und/oder Biertrinken waren („Bickeln“, „Frickeln“, „Stoppeln“ und „Nickeln“, um nur die verbreitetsten zu nennen). Somit dauerte es bis zum Jahre 1880, ehe die Teutonia zusammen mit fünf anderen Mannschaften als Gründungsmitglied der neuen nassauischen Fußball-Oberliga firmieren konnte, die in visionärer Vorausahnung kommender Kommerzexzesse im ersten Jahr als „Fleischerei-Leupold-Liga“ debütierte. Die erste große Teutonia-Mannschaft lebte im Wesentlichen von den Künsten des exzentrischen Mittelläufers Bodo „die Ratte“ Stibolitzki. Von Natur aus mit gewaltigen Oberschenkeln und den Instinkten eines Strauchdiebes ausgestattet, verfügte Stibolitzki über herausragende Spielübersicht und das nötige Einschüchterungspotential, um entscheidende Vorteile für seine Mannschaft zu sichern. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass Fußball zur damaligen Zeit noch weitgehend unreglementiert war und Schädelfrakturen so häufig waren, dass sie in Spielberichten eine eigene Rubrik hatten, muss Stibolitzki als ungewöhnlich harter, ja brutaler Spieler gelten. In einem der seltenen erhaltenen Zeitungsberichte aus jener Zeit heißt es:
- ’’Stibolitzki fiel einmal mehr zum Plaisir der Zuseherschaft durch kraftvollen Einsatz auf. Der gegnerische Mannschaftsbetreuer musste drei seiner durch offene Knochenfracturen verletzte Spieler durch umherstehende Dorfburschen ersetzen’’
Erfolge blieben den Teutonen dennoch zunächst verwehrt, zu dominant trat der konkurrierende VfR Fulda auf, der verhasste Armeeklub und Lieblingsverein des Verteidigungsministers Ludwig „Schlange“ Knaub. Aufkeimende Gerüchte über Manipulation und Absprachen wurden von der preußischen Zentralregierung routiniert und umsichtig niedergeknüppelt („Desaster von Gießen“, „Tragödie von Darmstadt“, „Marburger Pfingstblutbad“, „Frankfurter Wäldchestag-Gemetzel“).
“Marburger Ellipsoid“ und Meisterschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit der Verpflichtung des beim Lokalrivalen „Marburg DoubleDragons“ geschassten entfant terrible Holger Winkötter im Jahre 1887 hatte die Teutonia einen weiteren Schritt nach vorne getan, doch erst nachdem alle gegen Winkötter laufenden Verfahren wegen sexueller Nötigung, Betrugs, Kuppelei und Verstößen gegen das Waffenrecht zu einer Sammelklage zusammengefasst und durch einen mehr als zweifelhaften außergerichtlichen Vergleich aus der Welt geschafft werden konnten, stand der vierschrötige Abwehrrecke uneingeschränkt zur Verfügung. In Verbindung mit Torwart Eduard „Schimmel“ Weißgerber und den beiden Außenverteidigern Bruno Tschimmler und Roland Howalczik bildete Winkötter den gefürchteten Marburger „Diamant“, der für seine kompromisslose Abwehrarbeit nicht weniger bekannt war als für die ungewöhnliche Hässlichkeit der Spieler, aus denen er bestand. Die Zahl der Gegentore konnte von 104 auf 97 in der Saison 1887/88 reduziert werden. Im Sturm profilierte sich zur gleichen Zeit der sogenannte „Marburger Ellipsoid“, eine nur vage ellipsenförmige Formation aus fünf Mittelstürmern und einem Bonusstürmer (Fußball-Taktik in den 1880er-Jahren). Im Gegensatz zu anderen berühmten, nach geometrischen Figuren oder Nudelgerichten benannten Mannschaftsteilen der damaligen Zeit („Gießener Dodekaeder“, „Fuldaer Safranrhomboid“, „Fetuccini von Frankfurt“) ist der Ellipsoid nicht mit bestimmten Namen in Verbindung zu bringen, da der Erfolgstrainer Josef „Seff“ Nagebert auf nicht weniger als 27 etatmäßige Stürmer zurückgreifen konnte – und dies auch tat. Am ehesten erwähnenswert war Ulrich Klaubold, der mit 655 Minuten ohne Ballkontakt einen bis heute gültigen Rekord hält. In der Saison 1888/89 lief Marburg zu großer Form auf und errang, angeführt von einem gereiften Bodo Stibolitzki, jedoch praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit die erste und bis heute einzige Meisterschaft. Als der Kapitän mit dreckverschmiertem Leinentrikot und von Blut klebrigen Händen den mit 27 Kilogramm zweitschwersten Fußballpokal Mitteleuropas, den Botho-Wendt-Pokal (liebevoll als „Closettschüssel“ bezeichnet) aus den Händen irgendeiner heute nicht mehr eruierbaren lokalen Berühmtheit entgegennahm, verfolgte der Rest des Landes gebannt die zeitgleich stattfindenden Skat-Meisterschaften. Die unvergessene Meistermannschaft hat dennoch bis heute einen festen Platz im Herzen der Teutonia-Fans und eine Messingplakette mit den Namen der Helden erinnerte vor dem Stadion an die Helden von damals, bis die Plakette im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen und zu Kugelschreiberminen für die Heeresgruppe West verarbeitet wurde.
Die große Dürre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem Gewinn des Titels zerfiel die erfolgreiche Mannschaft. Stibolitzki wechselte für ein Handgeld von 1000 Reichsmark und im Austausch für den als Jahrhunderttalent gehandelten István György zum MTK Budapest, György starb kurz darauf an einer obskuren Erbkrankheit während Stibolitzki in Budapest Opfer einer Verwechslung wurde und bei einem Raufhändel starb. Winkötter und Tschimmler wurden wegen unverschämter Gehaltsforderungen irrwitzige Gerüchte angehängt, die sich durch einen unfassbaren Zufall als die Wahrheit herausstellten und zu langwierigen, von beiden Seiten schmutzig geführten Schauprozessen führten. Beide nahmen sich das Leben, der Verein erinnerte mit künstlerisch aufwendig gestalteten Portraits auf der Herrentoilette des Vereinsheimes an die gefallenen Helden. Weißgerber widmete sich seiner Karriere als professioneller Pantomime, konnte aber nicht den gewünschten Erfolg bei internationalen Pantomimen-Festivals erreichen, den er sich erträumt hatte. Er eröffnete eine Lottoannahmestelle in Fürth und starb 1914, als er bei einer Jubelfeier anlässlich des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs von einem durchdrehenden Paradepferd in den Unterleib getreten und dann von der begeisterten Masse statt in ein Krankenhaus zwei Stunden umhergetragen wurde. Adäquater Ersatz für die Meistermannschaft fand sich nicht, sodass die Teutonen bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts als Punktelieferant und Aufbaugegner im unteren Drittel der „Fleischerei-Leupold-Liga“ umherdümpelten. Während des Ersten Weltkriegs konnte man zwar dank einiger höchst kompromittierender Zeugenaussaugen betreffs der sexuellen Vorlieben des örtlichen Kreiswehrersatzamtsleiters Edgar Siebengut verhindern, dass die Teutonia Spieler für den Krieg abstellen musste. Dennoch reichte es für keinen Titel, da selbst die aus Dorfburschen und Kriegsversehrten zusammengesetzten Ersatzmannschaften der Konkurrenz zu stark für den undisziplinierten Haufen waren. Trainer und Spieler wurden in dieser Zeit wöchentlich ausgetauscht, in Erinnerung blieb aber nur das legendäre „Hassderby“ von 1916 zwischen Teutonia und den Marburger DoubleDragons, bei dem Schiedsrichter Hasso von Puschnigg mit aufgepflanztem Bajonett die Durchführung eines Elfmeters erzwingen musste und aufgebrachte Zuschauer die Spieler mit Radschloßpistolen beschossen, die sie aus dem Stadtmuseum entwendet hatten.
Zweite Blütezeit 1920-1925[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter Trainer, Mäzen und Zeugwart Gerold Armin Edler von Butzebach erlebten die Teutonen zunächst ein kurzes kurioses Intermezzo. Der vergnügungssüchtige Adlige und Liebling der damals aufkommenden Klatschpresse ersetzte die komplette Mannschaft durch persönliche Freunde, Verwandte, Verbindungsbrüder (Hasso-Stultitia zu Göttingen, Motto „Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse“) und anderes arbeitsscheues Adelsvolk. Der Spott war groß, noch größer die Brutalität, mit der gegnerische Mannschaften zu Werke gingen. Die ebenso griffige wie vorhersehbare Schlagzeile „Heute wird blaues Blut fließen“ ließ sich kein Lokalblatt vor dem Auftritt der Teutonen entgehen und mit einer Bilanz von 0:24 Punkten und 4:54 Toren stand von Butzebach bald vor einem Scherbenhaufen. Der als „Retter“ verpflichtete Peter Neururer konnte die Mannschaft vor dem Abstieg bewahren, überwarf sich dann aber mit dem Vereinsmaskottchen Richard „Willy“ Willkirchner, einem Kriegsveteran mit fragwürdigem Humor und beschränktem Intellekt, der aber aufgrund nur noch vage bekannter Leistungen in der Vergangenheit als unantastbares Faktotum galt. Nachfolger Neururers wurde 1921 der Sportlehrer Gernot Nagy, dessen Vater ein bekannter ungarischer Dressurreiter gewesen war. Nagy trimmte die Spieler mit modernsten sportwissenschaftlichen und ernährungsphysiologischen Methoden (Atkins-Diät, Pilates, Röntgentherapie) und konnte trotz des schmalen Budgets eine Mannschaft formen, die 1922 das Endspiel um den Nassau-Pokal zwar sehr deutlich verfehlte, dafür aber immerhin in der ersten Runde gegen den späteren Sieger Eintracht Frankfurt lediglich mit 1:12 verlor. Dieser Achtungserfolg machte Mut und im Folgejahr erreichten die Nordhessen mit dem 2. Platz die beste Ligaplazierung seit Jahrzehnten. Bis 1925 blieb Teutonia eine feste Größe im nassauischen Fußball, bis ein Zugunglück zwischen Reutlingen und Stuttgart sieben Spieler dahinraffte, darunter den Publikumsliebling und Schwerenöter Wilhelm Beetz, dessen Gemächt eine so beträchtliche Größe gehabt haben soll, dass sein Grabstein in entsprechender Weise geformt wurde.
Zweiter Weltkrieg und Ende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Teutonia Marburg hatte in der Zeit des „Dritten Reiches“ eine konsequent indifferente Haltung zum Regime eingenommen. Man schaffte es, die gesamten zwölf Jahre hindurch nicht unangenehm aufzufallen und konnte nach dem Krieg dennoch zum Erstaunen vieler von mindestens 12000 Juden berichten, die man im Geräteraum unter der Vereinsgaststätte versteckt habe. Diese Zahl wurde zumindest von Vereinspräsident Harro Wegener kolportiert, der zur Tarnung hohe Parteiämter übernommen und in klugem Kalkül das Stadion 1931 in „Hermann-Göring-Stadion“ umbenannt hatte. Wegener erhielt 1955 das Bundesverdienstkreuz am Bande und machte als Stadtrat für die NPD noch eine späte Karriere. Der Spielbetrieb wurde während des Krieges kaum beeinträchtigt und zwanzig Tage vor Kriegsende siegte Teutonia in überzeugender Manier gegen die Wachmannschaft FC Flossenbürg beim Mitropa-Pokal. Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte Teutonia Marburg zunächst unbekümmert in der neugeschaffenen Oberliga Hessen weiter, ehe 1951 den Alliierten die beträchtliche Zahl von Kriegsverbrechern, Parteimitgliedern und Dopingsündern auffiel, die der Verein in den letzten Jahren beschäftigt hatte. In einem Blitzverfahren wurde der Verein aufgelöst und ging zu gleichen Teilen in den Vereinen Germania Marburg und Vandalia Marburg auf.