Mike Tyson
„I wanted to hit him one more time in the nose so that bone could go up into his brain.“
- ~ Mike Tyson
Mike Tyson (Geburtsdatum ausgeknockt) ist ein amerikanischer Intellektueller. Oft verkannt ist er im Grunde ein guter Junge, der über erlesene Ironie verfügt, worauf auch sein Spitzname "Iron Mike" fußt.
In einer finsteren Ecke des unbarmherzigen Molochs New York wuchs der arme Bub auf und hatte alsbald ein Register mit 'ner Handvoll Vorstrafen, 10, 12, für einen Neger wirklich nichts weiter Spektakuläres.
Ladendiebstahl, Banküberfälle, Kettensägenmassaker, alten Omas mal eben kurz die Fresse poliert und ihnen die Handtasche geklaut, klar, klingt zunächst unfein, die unmenschliche rassistische Gesellschaft hat ihn aber auch geradezu dazu gezwungen. Underprivilegiert. Weil schwarz. Und dann natürlich gleich zum Kriminellen abgestempelt. Ja, das sind die "amerikanischen Verhältnisse", schlimm. "SPIEGEL"-Leser wissen das, denn ..."SPIEGEL-Leser wissen mehr".
Unser Held besann sich alsbald in der ihm eigenen Quäkermentalität auf harte Arbeit und versuchte mit Verzicht und rastloser Tüchtigkeit auf der Abendschule seinen Abschluss zum NASA-Techniker zu machen. Nun ist Mike alles andere als dumm, sein aktiver Wortschatz ist sogar größer als sein passiver, allein, für ballistische Berechnungen braucht man höhere Mathematik und hier blieb ihm der akademische Erfolg verwehrt.
Die R&B-Schmiede Motown war schon voll und so musste er Boxer werden, dies war die einzige Nische, die das Establishment ihm ließ. "Wenn ich da mal nicht ein Klischee bediene" grübelte der sensible junge Mann besorgt, tröstete sich aber, dass er sich halt auf anderen Wegen seiner Leidenschaft bemannter Raumflug widmen würde.
Der Star-Trainer Cus D'Amato nahm ihn unter seine Fittiche und wenn sein Schützling wie entfesselt auf den
Sandsack eindrosch, jubelte der Coach mit Glanz in den Augen "We've got a champion here! A champion!" Mike reckte neugierig den Hals: "Ja? Wo denn?"
Hauptsächlich war er in der Folgezeit damit beschäftigt, irgendwelchen dahergelaufenen Motherfuckern mit seinen herkulischen Kräften nach allen Regeln der Kunst ihren gottverdammten Schädel einzuschlagen. Die Hinterbliebenen seiner Opfer konnten den alten Satz "Sport ist Mord" nur zu gut bestätigen.
Im Nu war er Weltmeister und absolut unschlagbar, jedenfalls bis ihn einer schlug.
Seinen Titel konnte er nicht sofort zurückgewinnen, weil er wegen einer Lappalie von Vergewaltigung ( die Schlampe hätt ihn ja auch nicht provozieren brauchen) erst mal kurz brummen musste. Und als er hinter schwedischen Gardinen nicht mal geile Schwedinnen kennen lernte, brummte er sogar noch viel lauter.
Nach seiner Entlassung war sich die Presse sofort einig, dass er absolut unschlagbar wäre und die Möchtegernweltklasse Riddick Bowe, Evander Holyfield und Lennox Lewis ( Pflaumen allesamt) nicht lange gegen Supermann durchhalten würden.
Doch erst mal trat Bowe gegen Holyfield an und schlug ihn schwer KO.
Don King zögerte folgerichtig keine Sekunde und brachte den Kampf unter Dach und Fach, den jetzt wirklich jeder sehen wollte: "Ladies and gentleman, Iron Mike Tyson vs. Evander "the real deal" Hooolyfiiiield." Holyfield verdrosch ihn leider Gottes erst nach Strich und Faden und knockte ihn dann am Ende auch noch aus.
Im Rematch biss Tyson ihn erst ins linke, dann, als er feststellte, dass er sich vertan hatte, ins rechte Ohr und erntete dafür unverständlicherweise eine Disqualifikation und bissige Bemerkungen, so von Sylvester Stallone "gebt dem Kerl doch was zu essen".
Stallone ist weiß.
Der praktisch unschlagbare Holyfield verlor gegen Lewis, dem die Experten schon deswegen keinerlei Chancen gegen Tyson einräumten.
Dieser hatte in der Zwischenzeit seinen Biss wiedergefunden und nietete in alter Frische den ein oder anderen Penner um. Der polnische Aphoristiker Golota etwa stürmte nach der zweiten Runde von Tysonhieben eingeschüchtert aus dem Ring und zog in der Umkleide auf die ungläubige Journalistenfrage "what happened in there" mit dem Seufzer "Boxing is a difficult sport" Resümee.
Iron Mike zeigte außerhalb seines grausamen Sports auch ein ganz anderes Gesicht, Tauben züchten ( vgl. Brando in "Faust im Nacken"), Deckchen sticken und Gedichte lesen, auch internationale. So kam der Traumkampf gegen Powerfighter Axel Schulz v.a. deswegen nicht zustande, weil er niemandem "aus dem Land von Walther von der Vogelweide" weh tun wollte.
Seine poetische Lieblingszeile war aber "I know why the cage bird sings" von Paul Dunbar. Vor allem, nachdem er bei Don King unterschrieben hatte. Er sehnte sich heimlich und im Stillen nach einer Welt ohne Brutalität und Bosheit, mit mehr Kultiviertheit, Mitmenschlichkeit.
Aber immer wieder kamen die gewaltgeilen weißen Leute an und stichelten und wollten ihn endlich gegen diese ausländische Pfeife Lennox Lewis kämpfen sehen.
Nach dem Sieg gegen einen gewissen Savarese platzte es schließlich aus dem sonst so introvertierten Tyson heraus (Videobeweis siehe Link): "I was gonna rip his heart out. I'm the best ever. I'm the most brutal and most vicious, the most ruthless champion there has ever been. No one can stop me. Lennox is a conqueror? No! He's no Alexander! I'm Alexander! I'm the best ever. I'm Sonny Liston. I'm Jack Dempsey. There's never been anyone like me, I'm from their cloth. There is no one who can match me. My style is impetuous, my defense is impregnable, and I'm just ferocious. I want your heart! I want to eat his children! Praise to Allah."
Mit "Alexander" meinte er natürlich den feinsinnigen Barockdichter William Alexander Stirling, dessen zarte Reime die alte Limericknase Lewis nie verstehen wird.
Dass Tyson nicht viel von Lewis hielt, wurde noch mal bei einer Pressekonferenz deutlich, bei der er ihn bei einem Handgemenge biss. Nicht ins Ohr ( langweilig), sondern in den Oberschenkel.
Im Ring war indes die Luft raus und "Iron" Mike wurde vom Engländer mal eben kurz weggeputzt.
Kurz darauf hängte er die Boxhandschuhe an den Nagel. Er will jetzt als UNICEF-Botschafter den Dalai Lama bei seinem Wirken unterstützen. Und wem das alles nicht passt, kriegt tüchtig was auf die Backen.