Eingebaute Vorfahrt™

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Blick in das geöffnete Steuermodul, welches die Regelelektronik für das "Eingebaute Vorfahrt™"-System enthält. In die freie Anschlussfläche unten in der Mitte kann gegen Aufpreis nachträglich noch ein Chip eingesetzt werden, der die Erweiterung RDSTM enthält.
Vehicle with Intrinsic Priority“-Logo.

Die Eingebaute Vorfahrt™ ist ein elektronisches Erweiterungsmodul für die Fahrzeugelektronik, das ausschließlich für hochpreisige Limousinen der Luxusklasse erhältlich ist. Grund hierfür ist der enorm hohe Leistungsbedarf des Gesamtsystems, dem nur die leistungsstärksten Motoren des obersten Preissegmentes gerecht werden.

Bereits in den frühen 50er Jahren hatten Fahrzeuge mit Stern auf der Haube eine rein mechanische AV. Um die psychologische Wirkung zu verstärken, schraubten die Sterneautofahrer zusätzlich ein Hufeisen auf den Kühlergrill.

Später, in den 60ern entwickelte Max Grundig eine AV mit Röhren-, später mit Transistorsteuerung.

Mit dem Aufkommen der SUVs erlebte die rein mechanische AV zeitweilig eine kleine Renaissance in Form einer räumfahrzeugsvorbauähnlichen Front-Stoßstange.

Zielgruppe[edit | edit source]

Der Kundenstamm, der diese exklusive Technologie nachfragt, rekrutiert sich fast ausschließlich aus Personen, die es in ihrem täglichen wichtigen Leben überdurchschnittlich eilig haben, und denen daher die Zeit fehlt, in langwierigen Diskussionen dem einfachen Volke zu vermitteln, wie überaus bedeutend ihr bevorzugtes Vorankommen im öffentlichen Straßenverkehr ist, da sie ja so überaus wichtige Personen sind. Um dem gemeinen Volke wenigstens optisch die käuflich erworbene Wichtigkeit des Fahrzeuginsassen zu verdeutlichen, haben die Hersteller von Eingebaute Vorfahrt™ (engl. Intrinsic Priority™) ein Logo entwickelt, das ein Fahrzeug mit Eingebauter Vorfahrt (engl. Vehicle with Intrinsic Priority) als solches kennzeichnet. Für gewöhnlich wird es dezent an der Windschutzscheibe des Wagens angebracht, um auch im Rückspiegel des Vordermanns gut sichtbar zu sein, wenn's auf der linken Spur der Autobahn mal wieder eng wird.

Funktionsweise[edit | edit source]

Über eine Vielzahl von Sensoren rund um das Fahrzeug ermittelt das System die aktuelle Verkehrslage und errechnet aus der Position und der Relativgeschwindigkeit zu anderen Fahrzeugen die Erfolgswahrscheinlichkeiten für eine - für das eigene Fortkommen vorteilhafte - Intervention in den fließenden Verkehr.

Ein Beispiel anhand einer exemplarischen Alltagssituation soll die Funktionsweise verdeutlichen:

TKreuzung.jpg
Herr Baron von und zu Günzelsau ist gerade auf dem Weg zur Vorstandssitzung seines Stammunternehmens. Er ist ein wenig spät dran und droht, den Stehsektempfang im Foyer zu verpassen.
Er steuert seine neue Limousine, die mit "Eingebaute Vorfahrt™" aussgestattet ist, an eine innerörtliche T‑Kreuzung mit einer zweispurigen Vorfahrtsstraße. Ein "Vorfahrt achten!"-Schild weist ihn darauf hin, dass er sich in einer untergeordneten Einmündung befindet. Er möchte nach links abbbiegen (siehe nebenstehende Abbildung).
Von links nähert sich (Distanz. ca. 10m, Geschwindigkeit: 42 km/h) ein Kleinwagen mit einer überforderten, alleinerziehenden Mutter nebst schreiendem Kleinkind, gefolgt von einem Bus bierdurstiger Handwerker auf dem Nachhauseweg. In Vorfreude auf den Feierabendfernsehfußball fahren sie voller Ungeduld sehr dicht auf, um die Mutter zu einer zügigeren Fahrweise zu bewegen, gefolgt von einer dichten Kolonne weitere Fahrzeuge.
Von rechts (Distanz: ca. 15m, Geschwindigkeit: 53 km/h) naht ein einzelner Mittelklassewagen heran. Der Fahrer des blauen Mittelklassewagens, ein gewisser Herr Schlonz, ist seit Jahren für seine renitente Fahrweise stadtbekannt. Auf seinem Amaturenbrett prangt ein Aufkleber "Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen" und ein weiterer mit der Aufschrift "Hier gilt die StVO!" ziert die Heckscheibe, gleich unterhalb des Wackeldackels.
Die Ampel an der nahegelegenen Kreuzung hinter Schlonz ist gerade auf 'Rot' umgesprungen und wird also die von der alleinerziehenden Mutter angeführte Kolonne ausgerechnet vor der Einmündung des Barons zum Stehen bringen, was von Günzelsau den Weg versperren wird, wenn Herr Schlonz vorbeigefahren sein wird.
Das System in von Günzelsaus Wagen errechnet aufgrund dieser Daten, dass ein Abwarten der vorfahrtberechtigten Verkehrsteilnehmer zu einer inakzeptablen Verzögerung des eigenen Fortkommens führen würde und die Erfolgswahrscheinlichkeit für ein kurzfristig offensives Eingreifen in den fließenden Verkehr mit ~ 67% hoch genug ist.
Daraufhin veranlasst das System unter Verwendung der KavalierstartTM-Engine ein scharfes Anfahren der Limousine mittels des Augenzuunddurch-Tuboaggregats (Azud) [1], was die alleinerziehende Mutter in ihrem türkisfarbenem Opel Corsa zu einer ruckartigen Schreckbremsung nötigt, woraufhin ihr die Handwerker stantepede in den Kofferaum hineinrammen. Durch den Aufprall löst sich ein mangelhaft gesichertes, gusseisernes Abflussrohr im Laderaum des Handwerkerbusses und durchstößt mit unaufhaltsamer Gewalt zunächst die Frontscheibe des Busses und danach die Heckscheibe des Corsa um dort der Mutter, die sich schützend über ihr Kind beugt, die Schulter zu zerschmettern und den Arm abzureißen. Sie verblutet noch am Unfallort. Nacheinander fahren auch die nachfolgenden Fahrzeuge in der Kolonne aufeinander auf, was zu leichten Blechschäden und Gehirnerschütterungen führt.
Etwa zeitgleich bemerkt Herr Schlonz auf der Gegenfahrbahn, dass sich die Limousine des Barons anschickt, sich vor ihm in die Spur zu drängeln. "Nix da!", denkt sich Schlonz, "hier hab ich Vorfahrt und du wartest gefälligst!" und gibt eine Idee mehr Gas, um zu seinem Recht zu kommen.
Doch zu seinem Nachsehen ist die Limousine des Barons überdies noch mit RDSTM ausgestattet.
Dieses RenitenzDämpfungsSystem sorgt bei opponierenden renitenten Fahrern von Mittelklassewagen, die uneinsichtig stur auf ihrem Vorfahrtsrecht bestehen, dafür, dass diese nachhaltig eingeschüchtert und verunsichert werden. Dies geschieht auf akustischem Wege, wobei mittels Zwischengasregelung ein kurzes, bedrohlich und raubtierartig wirkendes Aufheulen des Motors ausgelöst wird.
Das RDS zeigt bei Schlonz Wirkung, er legt eine Vollbremsung hin und der Wagen des Barons kann hindurchschlüpfen. Noch bevor Schlonz sich der blauen Flecken auf seinem Rechtsverständnis bewusst werden und seinem Ärger lauthals Luft machen kann, schreckt er durch einen dumpfen Schlag hinter sich erneut zusammen.
Der plötzlich hinter ihm wie aus dem Nichts heraus eilig angeschossen kommende Fahradkurier konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und prallt mit vollem Karacho auf das Heck von Schlonzens Wagen auf.
Wie in Zeitlupe sieht sich der Kurier aus dem Sattel in die Luft erhoben und seinen Salto über das Dach des Wagens antreten. Die stummen Augen des Wackeldackels verfolgen seine Flugbahn. "Scheiße", schießt es dem Kurier durch den Kopf, "die große Glasflasche in meinem Rucksack, das wird weh tun!" Er überschlägt sich während er über den Wagen segelt und landet schließlich mit dem Rücken auf der Fahrbahn, ein lautvernehmliches Klirren dringt aus seinem Rucksack. Die Scherben bohren sich durch den Stoff, zerschneiden Fleisch und Rückenmark.
Von alledem bemerkt Baron von Günzelsau in seiner schallgedämpften Limousine nichts und fährt, einen rauchenden Trümmerhaufen zurücklassend, frohgemut weiter zum Sektempfang. Dort angekommen muss er zu seiner Verwunderung feststellen, dass alle bereits Anwesenden immer noch auf dem Trockenen sitzen.
Leicht irritiert schaut er sich suchend nach seinem Attaché um, der schon eiligen Fußes auf ihn zusteuert. "Ich bin untröstlich Herr Baron, es ist eine Katastrophe! Die Sekretärin, die dumme Gans, hat es versäumt, beim Catering-Service den Sekt zu ordern, ich habe sie sogleich gefeuert! Wenn Sie die Güte hätten sich nur noch einen winzigen Augenblick zu gedulden, ich habe natürlich sofort per Fahradkurier eine Magnumflasche Champagner bestellt, sie müsste jeden Augenblick hier eintreffen... "
Unterdessen liegt besagter Fahradkurier mit Querschnittslähmung auf dem Asphalt in einer Lache aus Champagner und Blut. Er schaut hinauf in den Himmel. "Es ist so ein schöner Tag", denkt er, "bei der ganzen Hetze heute ist mir das noch gar nicht aufgefallen...". Ein gelber Schmetterling flattert arglos durch sein Blickfeld. Ein leises Lüftchen regt sich. Auf der Straße glitzert prickelnder roter Schaum im Blaulicht...

Wie dieses Beispiel eindrucksvoll zeigt, ist das System wirksam dazu in der Lage, die Fahrzeit des Anwenders deutlich zu verkürzen, was Fahrkomfort und Lebensqualität nachhaltig erhöht.

Imitationen[edit | edit source]

Phantasievoll aber wenig wirksam sind die selbstgezimmerten Versionen von Eingebaute Vorfahrt™.

Immer wieder kann man beobachten, wie weniger gut betuchte Wagenlenker versuchen, mit einer Eingebauten Vorfahrt Marke Eigenbau bei anderen Verkehrsteilnehmern Eindruck zu schinden. Insbesondere arme Schlucker aus der Unterschicht versuchen oft, durch proletenhafte optische Veränderungen wie Zierblenden, Frontspoiler und Zusatzscheinwerfer einen Einschüchterungseffekt zu erzielen, der aber spätestens bei renitenten Fahrern wie Herrn Schlonz versagt, die einfach ihren Innenrückspiegel runterklappen und sich denken "Na dann spring doch über mich drüber, wenn du's so eilig hast!"

Nicht zugelassene Entwicklungen[edit | edit source]

Die EMP-Kanone auf dem Dach war Ende der 90er Jahre eine der vielversprechendsten Neuerungen.
EMP

Ein auf EMP-Schock basierendes System, welches die Fahrzeugelektronik opponierender Verkehrsteilnehmer zeitweise funktionsunfähig macht, wurde bereits patentiert, scheiterte in der EU bisher jedoch an einer straßenverkehrsrechtlichen Zulassung. Die FDP hat aber bereits eine Petition eingereicht und ein Spendenkonto eröffnet, dass eventuell anfallende bürokratische Aufwendungen auffangen soll.

Touch'n'go
Touch'n'go - effektiv und schnell mit dem Humvee durch Bagdad.

Das von der US-Army entwickelte Touch'n'go-System wird bereits seit vielen Jahren erfolgreich in den Geländewagenflotten des amerikanischen Militärs eingesetzt. Eine zivile Zulassung ließ bisher noch auf sich warten und wird wohl auch in absehbarer Zeit nicht auf dem zivilen Sektor zu haben sein, da die genaue Funktionsweise als 'Top Secret' eingestuft wurde.

Literatur[edit | edit source]

  • Marlene Krawallo: Mit rostigem Fiat500 auf der Jagd nach Rennpanzern-Versicherungsbetrug für Einsteiger. Verlag am Park, ISBN 1-2765-1363-5

Fußnoten[edit | edit source]

  1. Neuere Modelle verwenden heute das modernere AddM (AbdurchdieMitte-Speicheraggregat)

2. Ein ganz alter Hut.

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ADAC Fahrtraining.jpg
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Dieser Artikel ist Artikel der Woche 37/2010
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