Volvo 340
Der Volvo 340 war ein Krankenfahrstuhl für geschmacksverirrte, holländische Fahranfänger mit Wohnanhänger. Er wurde von Van Dornens Haarndrangwagenfabrieken (DHF) in den Niederlanden unter der Bezeichnung DHF 77 verursacht und letztlich unter Volvo-Regie von 1976 bis 1991 verbrochen.
Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mitte der 1970er Jahre hatte sich in der Autoindustrie unterhalb der so genannten Mittelklasse eine neue Karosseriebauform herausgebildet, der so genannte Kompaktwagen. Dieser wies eine Reihe neuartiger, charakteristischer Merkmale auf:
- Karosserien von italienischen Designern
- statt Kofferraumanbau hinten eine scharfe Abrisskante mitsamt großer Heckklappe
- kompakte Antriebseinheit (Motor/Getriebe) vorn quer
- Vorderradantrieb, anständige Motorisierung und ordentliches Fahrwerk
DHF startete Mitte der 1970er Jahre mit dem 77 den Versuch, eben ein solches Auto zu bauen. Dabei unterliefen den Holländern aber ein paar kleine Fehler; sie hatten offenbar hinter dem ersten Punkt mit dem Lesen aufgehört.
Die Karosserie stammte zwar von irgend so einem Italo-Spaghetti, erhielt jedoch hinten ein furchterregendes Stummelheck angestückelt. Dies führt dazu, dass es intensiver Begutachtung bedarf, ehe der Betrachter herausgefunden hat, wo an dem Fahrzeug vorne und hinten ist. Bis heute kommt es bei unerfahrenen Besitzern dazu, dass sie morgens aus Versehen hinten einsteigen, wenn der Wagen vorwärts in der Garage geparkt wurde.
Der Motor wurde vorn längs eingebaut und mit einem Transaxle-Antrieb kombiniert, um mittels Kardanwelle sowie lang, breit und hoch bauendem Getriebe unter der Rücksitzbank Kofferraum und Fahrgastraum nicht unnötig geräumig werden zu lassen. Letzteres wurde zudem als so genannte Variomatic ausgeführt, einem stufenlosen Automatikgetriebe, das die Motorleistung halbierte bei gleichzeitiger Verdoppelung des Spritverbrauchs. Diesem Getriebe wiederum ließ man eine große Defektfreudigkeit angedeihen, wodurch eine sehr hohe Kundenbindung an die Werkstätten erreicht werden konnte. Der Heckantrieb eröffnete dem Kunden zusammen mit dem Fahrwerk aus der Zeit der Spanischen Inquisition außerdem eine völlig neue Dimension des Übersteuerns. Entsprechend wurde die Motorleistung auf ein mögliches Minimum begrenzt, um die Insassen nicht über Gebühr durch Querbeschleunigungen zu belasten.
DHF schaffte es bis 1976 tatsächlich, all dies in nur einem einzigen und noch dazu in den Außenmaßen sehr kompakten Auto zu vereinen. Trotz aller Fehlgriffe fand sich sogar noch vor Produktionsanlauf ein Käufer, und das nicht nur für die Autos, sondern gleich für die ganze Fabrik. Volvo, angesichts der Ölkrise aus dem Tiefschlaf erwacht, brauchte dringend ein kleineres Fahrzeugmodell für Kunden, die sich keine spritschluckenden Fünf-Meter-Schwedenpanzer mehr leisten konnten. Mit seiner motorischen Impotenz und dem Rumpelfahrwerk passte der 77 praktisch perfekt in die Produktpalette der Schweden, so dass seine südländische Herkunft nicht weiter auffiel.
Aufgrund der hohen Dringlichkeit wurden die Fahrzeuge bereits vor Ende der Entwicklungsarbeit in die Serienproduktion überführt, so dass einige Details wie Zierleisten, Lackierung, hintere Türen und Rostvorsorge erst mit der Zeit in Serie gingen. Die Preise boten jedoch schon von Beginn an einen exzellenten Vorgeschmack auf das hoffentlich irgendwann fertige Auto.
Die Volvo-Ingenieure durften das Modell kurz vor Produktionsanlauf immerhin noch schnell ein wenig verhunzen mit neuem Kühlergrill und den alles aus dem Weg räumenden Schweden-Stoßstangen aus doppelt und dreifach verschweißten Eisenbahnschienen. Das Armaturenbrett wurde mit der schwedischen Waldmeisteraxt bearbeitet, wodurch der Innenraum des 340 gekonnt an die schwedische Backsteingotik anderer Volvo-Fahrzeuge angeglichen wurde. Der Armaturenträger wies ausschließlich Ecken und geradlinige Kanten auf, so dass wirklich alle Instrumente und Bedienelemente (insbesondere Schalter, Tachometer, Tankuhr und alle 720 Gurtwarnlampen) unter Verzicht auf jegliche Rundungen gestaltet werden konnten. Dass die Lenkräder trotzdem rund waren, lag wahrscheinlich in einem Fehler bei der Serienproduktion begründet.
Optisch nun endgültig ruiniert wurde der Wagen im Laufe der Zeit noch mit allerlei Komfort-Unrat wie Veloursmöbeln, Breitbandscheinwerfern, Metallic-Lackierung, epileptischen Fensterhebern, Servolenkung und echtem Schaltgetriebe gedüngt, so dass er es in seinen 17-mal-12-und-13 Baujahren auf eine Stückzahl von 1,14 Zilihilonen Exemplaren brachte. Wesentlichen Anteil an diesem für alle Beteiligten letztlich unerwarteten Verkaufserfolg hatte die Wende in der DDR, die mit den letzten Produktionsjahren zusammenfiel. Das Fahrzeug traf nämlich wie kaum ein anderes aus westlicher Produktion den Geschmacklosigkeit der Ostdeutschen in Verbindung mit deren innigstem Wunsch, auch selbst endlich Volvo fahren zu dürfen. Außerdem markierte der 340 mit seinem technischen Stand von 1976 gegenüber den Fahrzeugen der Marken Trabant und Lada einen echten Fortschritt in Sachen Automobilbau.
Fahreigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Fahreigenschaften des 340 orientieren sich an alten Straßenbahnen. Die an sich gemächliche Beschleunigung ohne auch nur den geringsten Ansatz von Dynamik wird durch das heulende und quietschende Getriebe passend untermalt, und in den Kurven tendiert der Wagen zum seitlichen Abheben. Außerdem wird das Fahrzeug im fließenden Verkehr links wie rechts pausenlos überholt, und das Durchschnittsalter der Passagiere liegt bei deutlich über 80 Jahren.
Von den Beschleunigungswerten wurden auch die Modellbezeichnungen abgeleitet. DHF entwickelte den Wagen zunächst unter der Bezeichnung 77 gemäß der Beschleunigungswerte von 0 auf 50 km/h in Sekunden. Dieser Wert erschien Volvo offenbar zu gering auszufallen, so dass der Wagen schließlich den Wert für die Beschleunigung von 0 auf 100 erhielt, namentlich 3 Minuten 40, kurz 340. Das ab 1983 produzierte, leistungsstärkere Spitzenmodell braucht 20 Sekunden länger und heißt dementsprechend 360. In der Praxis werden die 100 km/h jedoch nur erreicht, wenn ein fremdes Fahrzeug (vorwiegend aus deutscher Produktion) auf der Überholspur beherzt hinten anschiebt. Für die typischen holländischen Wohnwagengespanne mit ihren üblichen 60 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit reicht der Wagen jedoch vollkommen aus.
Technische Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der 340 besitzt für Rückwärts- wie Vorwärtsfahrt die gleiche Höchstgeschwindigkeit. Dieses so genannte Prinzip des Zweirichtungswagens fand seine ursprüngliche Anwendung im Eisenbahnwesen. Lokbespannte Wendezüge wurden hinten mit einem Steuerwagen ausgerüstet, damit für die Rückfahrt vom Endbahnhof die Lok nicht umgesetzt oder auf einer Drehscheibe gewendet werden musste. Die Produktion entsprechender Wohnanhänger mit Führerstand im Heck kam jedoch nie zustande, so dass auch die holländischen 340er-Gespanne auf deutschen Autobahnen notgedrungen immer nur vorwärts auf der linken Spur mit Tempo 60 fahrend anzutreffen sind und auch zu jedem Aufenthalt eines 340ers mit gelbem Nummernschild auf einem Campingplatz die vielen verzweifelten Rangier-Orgien gehören.
Dennoch bietet diese technische Eigenart die Möglichkeit, dass der Wagen in beiden Richtungen mit voller Geschwindigkeit gegen die Wand gefahren werden kann. Dies wiederum dürfte insbesondere in Verbindung mit den definierten Knautschzonen an Front und Heck die dringend reparaturbedürftige Optik mit Sicherheit deutlich verbessern. 340-Käufer wurden seinerzeit gezielt dazu aufgefordert, dies in Eigenregie vorzunehmen und sich dabei von der Wirksamkeit der umfangreichen Sicherheitsausstattung zu überzeugen.[1]
Daneben sind dem Fahrzeug noch zwei Reflexe einkonstruiert, die nur bei Außenstehenden auftreten. Der eine löst bei herannahenden Verkehrsteilnehmern unabhängig von der jeweiligen Verkehrssituation mit sofortiger Wirkung einen Krampf im Gasfuß und akuten Überholzwang aus; der andere scheint nur Gebrauchtwagenhändler zu befallen. Diese reagieren auf den Wagen nämlich seit jeher mit chronischer Ignoranz.
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]